Erdoğan: «Sie haben ihre Dollars, wir haben unseren Gott»

Türkischer Präsident versucht Stimmung nach Verlusten für Landeswährung zu beruhigen.

 

 

Der türkische Präsident Tayyip Erdoğan bemüht sich, die Furcht vor einem weiteren Verfall der Landeswährung Lira zu zerstreuen. «Macht Euch keine Sorgen», rief Erdoğan am späten Donnerstagabend in Rize am Schwarzen Meer seinen Anhängern zu.

Derzeit liefen gegen die Türkei mehrere Kampagnen, sagte er mit Blick auf den Streit mit den USA. Die Lira hat seit Jahresbeginn mehr als ein Drittel an Wert verloren, am Freitag rutschte sie erneut auf ein Rekordtief. Der Dollar verteuerte sich zur Lira zeitweise um mehr als drei Prozent auf 5,75 Lira.

Europäische Banken mitbetroffen

Auch der Euro verliert mittlerweile gegenüber dem Dollar an Wert, er wird von der Sorge um die Lira beeinträchtigt. Die EZB-Bankenaufseher schauen sich einen Medienbericht zufolge wegen des drastischen Verfalls der türkischen Währung die Verbindungen europäischer Geldhäuser zu dem Land an.

Insgesamt würden die Aufseher die Situation zwar noch nicht als kritisch einstufen, berichtete die «Financial Times» am Freitag unter Berufung auf zwei mit dem Vorgang vertraute Personen. Die Großbanken BBVA aus Spanien, die italienische Bank-Austria-Mutter UniCredit und die französische BNP Paribas seien aber besonders exponiert. Diese hätten bedeutende Geschäfte in dem Land am Bosporus. Die Aufseher würden die Situation schon seit einigen Monaten verfolgen.

Große Machtfülle

«Vergesst nicht, wenn sie ihre Dollars haben, dann haben wir unser Volk, unseren Gott», sagte Erdoğan. «Wir arbeiten hart. Schaut auf das, was wir vor 16 Jahren waren, und schaut heute auf uns.» Erdoğans islamisch-konservative Partei AKP hatte bei der Parlamentswahl 2002 einen deutlichen Sieg errungen. Er selbst war von 2003 bis 2014 Ministerpräsident und übernahm dann das Amt des Staatspräsidenten.

Durch ein Verfassungsreferendum 2017 erhielt Erdoğan eine enorme Machtfülle und nimmt zunehmend Einfluss auf die Zentralbank, was internationale Anleger schon seit Monaten beunruhigt.

«Gegner der Zinsen»

Hinzu kommt der Streit mit den USA über den in der Türkei festgehaltenen US-Pastor Andrew Brunson. Eine türkische Delegation, die um Entspannung bemüht war, kam diese Woche ohne greifbare Ergebnisse aus Washington zurück.

Erdoğan hat sich selbst als «Gegner der Zinsen» tituliert und angekündigt, eine größere Kontrolle über die Geldpolitik auszuüben. Er will, dass die Banken billige Kredite vergeben und so das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Anleger befürchten jedoch, dass es zu einer Überhitzung kommen könnte. Der Präsident hat bereits seine Landsleute aufgerufen, ihre Dollar- und Euroguthaben in die heimische Währung umzutauschen.