Tricksen, trügen und erobern: Deutscher Transatlantiker löst so den Donbass-Konflikt

Weder die Ukraine noch die EU könnten länger auf den Frieden im Donbass warten, schreibt der Politologe Andreas Umland in seinem Artikel für den „Atlantic Council“. Es gilt schnell zu handeln, mahnt der Experte. Wie, weiß er auch: den Donbass zu besetzen und Russland zu täuschen, ist offensichtlich sein Konzept.

von fondsk.ru 

 

 

Man entsende eine multinationale Truppe in den Donbass und versuche gleichzeitig die Minsker Vereinbarungen „formal“ zu erfüllen. Das rät der Politologe Andreas Umland zur Lösung der Ukraine-Krise. Der Experte ist einer der vielen Fachleute, die die Ukraine lieber heute als morgen in den Westen integriert sehen würden.

„Formal“ ist das Codewort in seinem Konzept. Statt Kiew dazu aufzurufen, die in Minsk unterzeichneten Vereinbarungen ohne Ausrede zu erfüllen, fördert und vermittelt er die alte Idee der Kiewer Machthaber, eine UN-Armee in den Donbass zu entsenden und das Gebiet unter internationale Verwaltung zu stellen – aber bitte so, dass die beiden Volksrepubliken Donezk und Luhansk vom Westen und der Ukraine kontrolliert würden.

Es sei überdies ein Fehler, so Umland weiter, den Krieg im Donbass mit anderen eingefrorenen Konflikten – in Aserbaidschan, Georgien oder Moldawien etwa – zu vergleichen, denn: „Der Krieg im Donbass ist ein heißer Konflikt“, schreibt der Experte. Es würden „Kommunikationskampagnen“ benötigt, um diese „falsche Wahrnehmung“ zu korrigieren.

Die Hauptursache für diesen „heißen Konflikt“ ist aus Umlands Sicht natürlich Russland: Moskaus „dreiste Kombination aus groben militärischen und nicht-militärischen Methoden“ habe zum Ziel, die Ukraine als „soziopolitische Gemeinschaft“ zu zerrütten, urteilt der Politologe.

Genua: Und es war wohl auch ganz bestimmt der Kreml, der Alexander Turtschinows Feder führte, als dieser 2014 den Startbefehl für die sog. Anti-Terror-Operation im Donbass unterzeichnete.

Der deutsche Politologe Umland könnte sich doch mal daran erinnern, wie Bundeskanzlerin Merkel der Ukraine – nachdem das Blutvergießen im Donbass begonnen hatte – eine Föderalisierung nach deutschem Vorbild vorschlug und sogar Experten als Berater entsenden wollte, um eine Eskalation der Lage zu vermeiden.

Aber während die deutsche Regierungschefin ihren Plan zur Beilegung dieses zwischen Kiew und dem Donbass ausgebrochenen Konflikts erläuterte, versuchte der renommierte Experte Umland der Weltöffentlichkeit weißzumachen, die Nationalisten spielten auf dem Maidan keine Rolle und die neue ukrainische Regierung sei im Grunde „antifaschistisch“.

Einen Monat später verbrannten die „Antifas“ vom Maidan in Odessa Menschen bei lebendigem Leib und zogen grölend in den Donbass.

Hinsichtlich einer Umgestaltung der Ukraine in einen Länderbund nach deutschem Vorbild sagte Umland 2015, die Föderalisierung sei für die Ukraine „keine Option“, es müsse vielmehr eine „Dezentralisierung“ geben, „die einfach dazu führt, dass die Macht weiter nach unten – auf die kommunale und die lokale Ebene – gereicht wird.“

Was sehen wir heute, drei Jahre danach? Der Konflikt im Donbass setzt sich fort, von einer erfolgreichen Dezentralisierung ist keine Rede und die Menschen dort leben immer schlechter und schlechter.

Indes verängstigt Herr Umland die Öffentlichkeit mit Schreckensszenarien aus der Ukraine. „Beispielsweise würden Millionen ukrainischer Bürger in die EU kommen.“ Oder im Worstcase: Ein Unfall im größten Kernkraftwerk Europas – gelegen im ukrainischen Saporischschja, „nur 30 Meilen vom Kampfgebiet“ entfernt.

Wie der Atommeiler und die Kampfhandlungen zusammenhängen, lässt der Experte ungeklärt. Dass es in letzter Zeit mehrere Störfälle in dem Kraftwerk gab, ist bekannt. Nur lässt sich zwischen den Unfällen und dem Donbass-Konflikt kein Zusammenhang erkennen.

Der Experte hätte in seiner Erzählung ja auch auf den Selbstmord von Sergej Klimow hinweisen können, dem Sicherheitsverantwortlichen des besagten Kraftwerks. Nur wenige Tage vor dem Suizid (oder war es eine Hinrichtung?) war es zu Notabschaltungen des Reaktors gekommen.

Aber Umland hat noch weitere Vorschläge zur Lösung der Donbass-Krise in petto. So müsse der Westen hinsichtlich Russlands eine härtere „Kombination aus Zuckerbrot und Peitsche“ ausarbeiten. Mittels Sanktionen müsste Russlands Zugang zu westlichen Finanzmärkten weiter eingeschränkt, Nord Stream 2 müsste eingefroren werden.

Alle Schlüsselakteure der russischen Regierung und deren Familienmitglieder müssten zielgerichtet mit Sanktionen belegt werden, damit die Widersprüche und die Unzufriedenheit innerhalb des Putin-Systems zunähmen.

Und drittens: Russland müsse die Verbesserung der russisch-westlichen Beziehungen in Aussicht gestellt werden. Das wäre dann das Zuckerbrot: „Zusage eines Assoziationsabkommens mit der EU, Visafreiheit mit dem Schengener Raum und eine Roadmap für die Nato-Mitgliedschaft.“

Wenn Russland dem verlockenden Angebot, ein Junior-Partner innerhalb der Nato werden zu dürfen, nicht widerstehen kann, dann soll die Rückkehr des Donbass unter Kiews Kontroller eingeleitet werden – durch die „provisorische Intervention“ einer dritten Seite: eine Art befristete Besatzung. Damit meint der Experte die 30.000-Mann-starke UN-Armee.

Doch damit nicht genug. Umland schlägt auch vor, den Donbass durch Einhaltung der Minsker Vereinbarungen unter Kiews Kontrolle zurückzuführen. Dafür müssten die „ukrainischen und westlichen Diplomaten“ den Text des Abkommens „vom Kopf auf die Füße stellen“, die Bestimmungen des Dokuments jedoch „formal“ befolgen.

So könnte etwa der „Sonderstatus“ des Donbass als „stärkere Kontrolle durch Kiew“ ausgelegt werden.

Das passende Instrumentarium haben die Kiewer Machthaber und deren nationalgesinnte Handlanger ohnehin schon parat: von Filtrationslagern und Foltergefängnissen der ukrainischen Staatssicherheit bis hin zu neuen Passregelungen für die Bürger der Volksrepubliken samt der Einschränkung ihrer Grundrechte.

Bezeichnend ist, dass der Politologe Umland die Kiewer Führung mit keiner Silbe dazu aufruft, den Weg einer echten Konfliktregulierung einzuschlagen.

Wie wäre es zum Beispiel mit einem Abzug der Waffen und einer Auszahlung ausstehender Renten und Gehälter in den Volksrepubliken? Oder mit einer Vereinbarung über eine umfassende Minenräumung in den Volksrepubliken? Oder einer Aufhebung der Blockade für humanitäre Güter und einer Wiederaufnahme wirtschaftlicher Beziehungen?

Solche einfachen Schritte überzeugen jeden Donbass-Bürger auf beiden Seiten der Kontaktlinie. Einem Politologen mit hochwertigen Abschlüssen aus Oxford, Stanford, Leipzig und Berlin kommen sie offenkundig nicht in den Sinn.

 

 

Quelle: Sputnik