Der Konflikt im Osten der Ukraine geht nun bereits in das 4. Jahr und steht heute einmal mehr wieder im Vordergrund, da am 31. August 2018 das Oberhaupt der proklamierten Volkrepublik Donezk einem Bombenanschlag zum Opfer fiel. Der Konflikt, der immer wieder kurzzeitig aufflammte, war im letzten Jahr kaum prominent in den Mainstream-Medien vertreten, obwohl er und die mit ihm verbundenen wechselseitigen Drohgebärden kaum an Intensität verloren haben.
Von Ars Invenidi
Die Lage im Donbass hatte sich, was die militärische Auseinandersetzung betrifft in den letzten Jahren weitestgehend beruhigt, jedoch haben sich die Lebensbedingungen speziell jener Menschen, die in der Nähe des Frontgebietes leben, bzw. gelebt haben, wesentlich verschlechtert. Diese sind nach wie vor auf humanitäre Hilfe angewiesen. Viele Freiwillige, auch in Deutschland, haben sich über soziale Medien organisiert und Hilfsaktionen unterschiedlichen Ausmaßes gestartet. Einige davon fanden auch meine Unterstützung. Frustrierend war dabei stets, dass sich die Hilfe über soziale Medien für einen vollbeschäftigten Außenstehenden meistens nur auf Geldspenden oder Sachspenden reduzierte. Diese sind natürlich äußerst wichtig, jedoch war es manches Mal ziemlich unbefriedigend nicht in der Lage zu sein, selbst mitzuhelfen.
Vor Kurzem wurde ich über Facebook einer Initiative in der Nähe meines Heimatortes gewahr, über die ich vorher nichts gehört hatte. Sie trägt den Namen «Aktionsbündnis Zukunft Donbass e.V.» und wird von einer Dame ukrainischer Herkunft geleitet, die seit ca. 40 Jahren in Deutschland lebt. Frau Dr. Raissa Steinigk, die 1974 anfing, in Erfurt an dem Pädagogischen Institut (heute Uni-Erfurt) Russisch zu unterrichten und 1981 in Erfurt promovierte, ist seit 40 Jahren mit einem Deutschen verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter. Sie kontaktierte mich über Facebook und nachdem ich mir ein grobes Bild gemacht hatte, vereinbarten wir ein Treffen, um uns über die Aktivitäten des Vereins und ein eventuelles gemeinsames Wirken auszutauschen. Frau Dr. Steinigk erzählte mir von den bisherigen Aktionen, die sie in der Lage war, mit einigen wenigen Mithelfern auf die Beine zu stellen.
Alles begann damals relativ spontan und im kleinen Maßstab aufgrund der ausufernden Konfliktsituation 2014 und der damit verbundenen Not für die Bevölkerung im Donbass, als viele deutsche Hilfsorganisationen, die meisten von ihnen wurden durch mitfühlende Privatpersonen in das Leben gerufen, anfingen mehr oder weniger organisiert zu helfen.
Die meisten Organisationen mussten aufgrund der mangelnden Erfahrung bei dieser Art der Hilfsarbeit erst einmal eine Lernkurve bewältigen. Die Effektivität einer jeden organisierten Hilfsarbeit ist immer von einer präzisen Kenntnis der Notsituation und den Strukturen im Hilfsgebiet, sowie den speziellen Hilfsanforderungen abhängig. Nicht immer konnten die eigenen Einschätzungen der gutwilligen deutschen Organisationen aufgrund mangelnder Assessment- und Intermediationsmöglichkeiten in ein effektives Hilfsergebnis überführt werden.
Als sich Frau Dr. Steinigk 2016 dieser Lage gewahr wurde, beschloss sie kurzerhand ungeachtet ihres fortgeschrittenen Alters Hilfe für die Menschen im Donbass auf ihre eigene effektive Weise zu organisieren. Dabei wurden bedürftige Projekte direkt vor Ort von Dr. Steinigk selbst bei einer Reise in die Lugansker Volksrepublik im Jahr 2016 lokalisiert und mit zielgerichteten Aktionen unterstützt. So besichtigte sie drei Krankenhäuser in Lugansk, in Novosvetlovka und Pervomaisk, die durch die Kriegshandlungen 2014/15 stark in Mitleidenschaft gezogen wurden. Zusammen mit Ihrer Tochter Ivana begann sie daraufhin in Deutschland Krankenhäuser anzuschreiben und nach ausgemustertem Material, Mobiliar, Geräten usw. zu fragen und zum Zweck deren Erwerbs und Transports Spenden zu sammeln.
Mittlerweile hält Frau Dr. Steinigk Kontakt mit ca. 8 Krankenhäusern in Thüringen, die in der Tat bereit sind, nach deutschen Standards abgelaufene und ausgemusterte Materialen etc. für Spendenzwecke abzugeben. Das betrifft im weitesten Sinne Dinge, wie medizinische Betten, Verbandsmaterial, Rollstühle, ausgemusterte medizinische Gerätschaften, ärztliche Berufsbekleidung und anderes Mobiliar. So wurden z.B. in Jena durch den Umzug mehrerer vereinzelter Krankenhäuser in ein neues großes Zentralkrankenhaus viele Einrichtungsgegenstände und Materialien ausgemustert, die alle noch zu gebrauchen waren, und die Dank Frau Dr. Steinigk’s beherztem Aktivismus nun eine weitere Verwendung in einem der Lugansker Krankenhäuser finden. Aber auch Spenden in Form von Babynahrung, Waschmittel und anderen kleinen Dingen des täglichen Bedarfs finden über den Verein ihren Weg nach Lugansk.
Die bisher vielleicht imposanteste Spende ist ein nach deutschen Standards ausgemustertes MRT-Gerät, welches derzeit in einem Krankenhaus in Stahanov installiert und in naher Zukunft dort seinen Betrieb wieder aufnehmen wird.
Bisher wurden seit 2016 stolze 17 LKWs mit Hilfsgütern aus Thüringen in die Ostukraine versandt. Das Aktionsbündnis ist in dieser Zeit auch auf 6 Personen angewachsen und seit diesem Jahr auch offiziell in einem eingetragenen Verein mit dem Namen Aktionsbündnis Zukunft Donbass e.V. aufgegangen. Der Verein nimmt neben Sachspenden auch Geldspenden entgegen, die hauptsächlich für die Finanzierung der Transporte, sowie die Unterstützung von Projekten vor Ort in Lugansk aufgewendet werden.
Ein anderes Projekt zielt auf die Errichtung einer Begegnungsstätte für ältere Menschen ab, die oft unter den Kriegsbedingungen besonders schwer zu leiden haben, wobei das Aktionsbündnis für ein Jahr die Trägerschaft übernimmt. Zwei Kinderheime, sowie ein Hospiz in Lugansk profitieren ebenfalls von den Aktivitäten der Hilfsorganisation und den Spenden.
Die geleistete Hilfe ist für viele Menschen in Lugansk enorm wichtig. In welcher Form die Spendengelder und die Sachspenden verwendet werden, wird transparent und peinlich genau aufgelistet, wie mir versichert wurde und wie man auch auf der Webseite www.zukunftdonbass.org nachvollziehen kann. Spenden für die einzelnen Aktionen werden dankend auf der Spendenplattform Betterplace.org entgegengenommen.
Obwohl Frau Dr. Raissa Steinigk als Hauptinitiatorin allen Grund hätte, in ihrem Alter aufgrund der bemerkenswerten organisatorischen Leistungen, die einem fast täglichen 10-Stunden-Job gleichkommen, im Scheinwerferlicht zu stehen, zieht sie es doch vor bescheiden im Hintergrund zu agieren und legt größten Wert darauf, dass eher die Projekte und die Menschen, denen damit geholfen wird, im Vordergrund stehen. «Das Wissen, dass den Menschen dort mit diesen Sachen so sehr geholfen ist, ist Dank genug.» sagte sie zu mir bei unserer ersten Begegnung.
Für mich war diese Begegnung in der Tat Grund genug anzufangen, mich ebenfalls mit den mir derzeit gegebenen Mitteln direkt zu engagieren.
Leider zeichnet sich eine Lösung des Konflikts nicht für die nahe Zukunft ab, so dass absehbar ist, dass die Menschen im Donbass, insbesondere im Frontgebiet, weiterhin auf humanitäre Hilfe angewiesen sein werden. Da die offiziellen westlichen Hilfswerke den selbsternannten Republiken in der Ostukraine keine Spenden und Hilfeleistungen zukommen lassen, bleibt es eine Sache für hiesige Vereine, wie dem Aktionsbündnis Zukunft Donbass e.V. und Privatpersonen, auch den Menschen östlich der Frontlinie humanitäre Hilfe aus unserem Land zu Teil werden zu lassen.
Obwohl Frau Dr. Raissa Steinigk als Hauptinitiatorin allen Grund hätte, in ihrem Alter aufgrund der bemerkenswerten organisatorischen Leistungen, die einem fast täglichen 10-Stunden-Job gleichkommen, im Scheinwerferlicht zu stehen, zieht sie es doch vor bescheiden im Hintergrund zu agieren und legt größten Wert darauf, dass eher die Projekte und die Menschen, denen damit geholfen wird, im Vordergrund stehen. «Das Wissen, dass den Menschen dort mit diesen Sachen so sehr geholfen ist, ist Dank genug.» sagte sie zu mir bei unserer ersten Begegnung.
Für mich war diese Begegnung in der Tat Grund genug anzufangen, mich ebenfalls mit den mir derzeit gegebenen Mitteln direkt zu engagieren.
Leider zeichnet sich eine Lösung des Konflikts nicht für die nahe Zukunft ab, so dass absehbar ist, dass die Menschen im Donbass, insbesondere im Frontgebiet, weiterhin auf humanitäre Hilfe angewiesen sein werden. Da die offiziellen westlichen Hilfswerke den selbsternannten Republiken in der Ostukraine keine Spenden und Hilfeleistungen zukommen lassen, bleibt es eine Sache für hiesige Vereine, wie dem Aktionsbündnis Zukunft Donbass e.V. und Privatpersonen, auch den Menschen östlich der Frontlinie humanitäre Hilfe aus unserem Land zu Teil werden zu lassen