Ermittlungsergebnisse verweisen auf fehlende Wartungsarbeiten als Ursache der Havarie. Verteidigungsminister sieht weder Geld noch Technik für Bergung.
Die Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung zu den Ursachen der Havarie des U-Bootes ARA San Juan in Argentinien zeigen mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass fehlende Wartungsarbeiten zu der Katastrophe geführt haben.
Richterin Marta Yañez aus Caleta Olivia, in deren Zuständigkeitsbereich die Untersuchung zum Verschwinden des U-Bootes fiel, brachte in ihrer Ermittlung einen Bericht zu Tage, nach dem bereits drei Monate vor dem Schiffbruch ein undichtes Ventil im Belüftungssystem der vorderen Akkumulatorenkammer mehrfach Probleme verursacht hatte und – trotz Warnungen des Kapitäns – nicht ausgetauscht wurde, da dies nur im Trockendock möglich gewesen wäre.
Die Regierung von Präsident Mauricio Macri hatte aufgrund von Sparmaßnahmen die halbjährlichen Wartungsarbeiten in der staatlichen Werft eingestellt und die Werft selbst weitgehend stillgelegt.
Genau einen Tag, nachdem sich das Verschwinden des U-Boots San Juan jährte, hatte die argentinische Marine am vergangenen Freitag den Fund des Wracks durch das Spezialschiff Seabed Constructor der US-Firma Ocean Infinity, ungefähr 373 Seemeilen vor der Küste Patagoniens gemeldet.
Die anfängliche Freude der Hinterbliebenen über diese Nachricht war jedoch nur von kurzer Dauer. Verteidigungsminister Oscar Aguad erklärte schon am Samstag, das Land verfüge weder über die technischen noch die finanziellen Mittel zur Bergung des Schiffes. Er schätze die erforderlichen Kosten auf über eine Milliarde US-Dollar.
Bereits der Auftrag zur Suche an Ocean Infinity war erst nach starken Druck durch die Öffentlichkeit zustande gekommen, nachdem sich Familienangehörige der Besatzung für zwei winterliche Monate auf dem Mai-Platz (Plaza de Mayo) im Zentrum der Kapitale anketteten, um ihrer Forderung nach Weiterführung der Suche Nachdruck zu verleihen.
Die Marine hatte die Suche nach dem verschwundenen U-Boot nach nur 15 Tagen mit der Mitteilung eingestellt, es gebe keine Hoffnung auf Überlebende. In den ersten Wochen hatten Schiffe und Flugzeuge von 14 Nationen bei der Suche kooperiert, darunter ein U-Jagdflugzeug P3 Orion der deutschen Bundesmarine. Die Suche wurde jedoch ebenfalls Anfang Dezember 2017 eingestellt. Lediglich das russische Forschungsschiff Yantar führte die Suche bis Ende Januar 2018 fort.
Das U-Boot befand sich am 15. November 2017 auf einer Patrouillenfahrt zwischen Feuerland und seinem Heimathafen Mar del Plata, als bei dem Marinekommando eine letzte Funkmeldung des Kapitäns einging, die einen Wassereinbruch durch das Schnorchelsystem und dadurch verursachte Havarien im elektrischen System meldete.
Die Hydrographen der CTBTO (Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen) im Indischen Ozean registrierten kurz danach eine starke Erschütterung, die später der Implosion des Druckkörpers zugeordnet wurde.
Die ARA San Juan, 1983 bei den Nordseewerken in Emden gebaut, wurde zwischen 2007 und 2014 generalüberholt, neu ausgerüstet und nach einer Reihe von Proben und Testfahrten im April 2016 wieder offiziell in den Dienst genommen. Die erforderlichen halbjährlichen Wartungsarbeiten hätten danach jedoch nicht stattgefunden. Eine gerichtliche Untersuchung wegen vermeintlichem Pfuschs und Korruption bei der Überholung war 2017 auf Grund mangelnder Beweise eingestellt worden. Ex-Verteidigungsministerin Nilda Garré wies unlängst in einem Interview darauf hin, dass die Druckhülle in einem Stück gefunden wurde. Damit sei belegt, dass die Schweissarbeiten bei der Wiederzusammenfügung des Bootes sachgerecht durchgeführt wurden.
Bereits im Mai 2016 wurde von der früheren Verteidigungsministerin Nilda Garré im Parlament in einer Anfrage an Marcos Peña — Regierungsminister des aktuellen Kabinetts — ausdrücklich vor Problemen mit der San Juan und ihrem Schwesterschiff Salta gewarnt, sollten diese nicht plangemäß im Trockendock gewartet werden. Diese Warnung blieb jedoch unbeachtet.
amerika21