Erneut ist die Bevölkerung einer indigenen Gemeinde im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas gewaltsam vertrieben worden. Nach mehreren Gewalttaten in Chavajebal, Bezirk El Bosque, sind alle 1.764 Bewohner, darunter auch Mitglieder der zapatistischen Unterstützungsbasis, in die Wälder und in umliegende Dörfer geflohen.
Der Exodus begann am 7. November, nachdem während einer Gemeindeversammlung Schüsse aus automatischen Waffen auf die Dorfbewohner abgegeben wurden. Dabei wurde ein Mann getötet, wie das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas mit Sitz in der Stadt San Cristóbal berichtet.
Die Gemeinde Chavajebal ist gespalten in Familien der zapatistischen Unterstützungsbasis und Bewohner, welche die Parteien PRI und Morena wählen. Dem Exodus voraus ging ein Attentat am 24. Oktober, bei dem der Gemeindeland-Kommissar Miguel Pérez López sowie der Bewohner Carmelino de Jesús Ruiz Álvarez ermordet wurden. Zwei weitere Gemeindemitglieder, die Morena nahestehen, überlebten den Anschlag.
Ein Dutzend chiapanekische Menschenrechtsorganisationen gaben 14 Tage nach der Vertreibung bekannt, dass sich bisher niemand in die Gemeinde zurücktraut, «aus Angst vor Angriffen der bewaffneten Gruppierungen in der Region». Haustiere und Kleinvieh darben wegen fehlender Nahrung, zudem sei die Ernte von Kaffeebohnen und anderen Produkten gefährdet, was zu einer Hungersnot führen könne, wenn die Problematik nicht bald gelöst wird.
Seit November 2017 sind in Chiapas mehrere Dörfer von gewaltsamen Vertreibungen betroffen gewesen, insbesondere in den Nachbarbezirken von El Bosque, in Chalchihuitán, Chenalhó, Aldama, Simojovel und Bochil.
Allein in Chalchihuitán flohen über 5.000 Tsotsil-Indigene vor den bewaffneten Angriffen paramilitärisch organisierter Gruppierungen. In den Bezirken wurden in den 1990er Jahren Paramilitärs zur Bekämpfung des Aufstands der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) eingesetzt.
Diese Gruppierungen waren zeitweise nicht mehr aktiv, wurden jedoch nie entwaffnet. «Aufgrund der Gleichgültigkeit und Unfähigkeit der Regierung» verschärfe sich die Situation im Hochland von Chiapas wieder, warnen die Menschenrechtsorganisationen. Die Welle der Gewalt sehen sie auch in Verbindung mit einer zunehmenden Präsenz der organisierten Kriminalität.
Der Bundesstaat Chiapas wird von der rechtspopulistischen Grünen Ökologischen Partei (PVEM) regiert. Gouverneur Manuel Velasco Coello und die Abgeordneten der PVEM im Bundesparlament sind kürzlich eine Allianz mit dem am 1. Dezember antretenden neuen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador eingegangen