Vor einem Gymnasium in Mantes-la-Jolie nordwestlich von Paris nahm die Polizei nach Ausschreitungen 146 Menschen in Gewahrsam. Insgesamt wurden rund 200 Gymnasien und Mittelschulen im Land und vereinzelt auch Universitäten bestreikt. Mehrere Schüler wurden bei den Protesten verletzt.

Die Schüler fürchten härtere Auswahlkriterien beim Hochschulzugang und Kürzungen beim Lehrpersonal. Die Proteste halten seit Wochenbeginn an. Dabei werden wie bei den «Gelbwesten»-Demonstrationen immer wieder Rufe nach einem Rücktritt von Präsident Emmanuel Macron laut.

Bildungsminister Jean-Michel Blanquer übte scharfe Kritik an der Gewalt. Die «Gelbwesten»-Proteste seien nur ein «Vorwand», um auf die Strasse zu gehen. Inzwischen haben sich viele Schüler den Forderungen der Aktivisten angeschlossen, darunter niedrigere Lebenshaltungskosten.

Sturm auf Elysée

Die «Gelbwesten» selber haben drei Wochen nach Beginn ihrer Proteste zum Sturm auf seinen Amtssitz von Präsident Emmanuel Macron aufgerufen. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich in den sozialen Netzwerken der Aufruf eines «Gelbwesten»-Aktivisten zu Protesten vor dem Elysée-Palast.

Auf die Frage eines Fernsehjournalisten, was die Aktivisten dort planten, sagt der Lastwagenfahrer Eric Drouot: «Wir gehen rein.» Es ist die Kampfansage an einen Staatschef, der sich seit zehn Tagen in Schweigen hüllt.

Bei einem seiner raren öffentlichen Auftritte — dem Besuch einer bei Protesten abgefackelten Präfektur — wurde Macron ausgebuht. Seine Beliebtheitswerte sind im freien Fall, in einer neuen Umfrage kommt er nur noch auf 18 Prozent.

Frust über Steuern und Arbeitslosigkeit

In Frankreich staut sich nicht nur jahrelanger Frust über steigende Steuern, sinkende Renten und eine hohe Arbeitslosigkeit. Die rebellionsartigen Proteste werden getrieben vom Hass auf einen Präsidenten, der sich immer wieder zu arroganten Äusserungen hinreissen liess — etwa als er einen Arbeitslosen zurechtwies, er müsse «nur über die Strasse gehen» und finde schon einen Job.

Oder als er die Franzosen als «widerspenstige Gallier» verspottete. Und der weiter nicht zu symbolischen Zugeständnissen bereit ist: Etwa die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, deren Abschaffung den früheren Investmentbanker in den Augen vieler zum «Präsidenten der Reichen» machte.

Von der Krise profitieren Kräfte am äussersten rechten und linken Rand. Die Rechtspopulistin Marine Le Pen riet Macron bereits süffisant: «Reden Sie mit den Gelbwesten, verstecken Sie sich nicht im Elysée.» Gegen sie droht dem Lager des Präsidenten eine Niederlage bei der Europawahl im nächsten Mai.

Die «Gelbwesten» haben keine Legitimität ausserhalb von Umfragen, die ihnen die Sympathie von gut 70 Prozent der Bevölkerung zusichern. Ob es ihnen gelingt, wie angekündigt eine «gelbe» Liste für die Europawahl aufzustellen, ist unsicher.