Brexit: Eine unsichtbare Grenze wird zum Stolperstein

 

London und Brüssel trennt vor allem eines: Die Zukunft der Grenze auf der grünen Insel. Heute ist sie unsichtbar, macht aber immer noch vielen Angst.

Man muss schon sehr lange fragen und sehr genau schauen, um diese Grenze zu finden. Selbst in Orten, durch die sie mittendurch verläuft. Auf die Markierungen am Straßenrand zu achten, empfehlen Einheimische: Wenn die auf einmal gelb würden, sei man in Irland. Auch die Wegweiser geben Hinweise: Zeigen sie Meilen an, ist man in Nordirland und damit in Großbritannien.

Wer sich entlang der Grenze zwischen Irland und Nordirland bewegt, kommt bald drauf, dass die inzwischen unsichtbar ist, konsequent aus dem Weg geräumt wurde.

Umso dicker aber zieht sie sich durch die Erinnerungen der Menschen, und die sind oft blutig. Das Grenzgebiet zwischen den beiden Ländern war zu Zeiten des nordirischen Bürgerkriegs Rückzugsgebiet und Hochburg der Terrorgruppe IRA. Über die Grenze liefen die Waffenlieferungen für die Terroristen nach Nordirland , schaffte man verfolgte oder verletzte IRA-Kämpfer in die Gegenrichtung.

Auch wenn heute viele nicht mehr wissen, wo die Grenze tatsächlich ist, wo einst Polizei und britisches Militär postiert waren, jedes Auto kontrollierten, daran kann sich fast jeder erinnern. In den Pubs in Nordirland sind Katholiken und Protestanten bis heute weitgehend unter sich. Die einen kehren hier, die anderen dort ein, beim Bier erzählt man sich Geschichten über die Schießereien mit der anderen Seite, zeigt auf die Fenster, durch die Unbekannte damals Molotow-Cocktails warfen.

Auf beiden Seiten der Grenze sind die meisten heute mehr als froh, dass man sie los ist. Dass beide Länder heute zur EU gehören, habe die Insel nach Jahrzehnten des Bürgerkriegs befriedet und geeint. Dass sich genau das nach dem Brexitändern soll, macht hier vielen Sorgen.