Der Senator des regierenden mitte-links Bündnisses Breite Front (Frente Amplio,FA), Marcos Otheguy, hat ein Gesetzesprojekt gegen Fake-Kampagnen in Wahlprozessen vorgestellt. Vertreter der FA hatten wiederholt vor «den akuten Gefahren für die Demokratie und den Rechtsstaat» durch die zum Teil roboterisierte Verbreitung von Falschmeldungen und Lügen im Netz zur Beeinflussung der Wähler gewarnt.
Der Entwurf sieht eine Haftstrafe von zwei bis vier Jahren für dieses Vergehen gegen das Wahlrecht vor. Er umfasst jede Art von gefälschten Nachrichten, sei es in schriftlicher Form, als Lieder, Symbole, Bilder, Tonaufnahmen oder Videos, die die Nutzer bewusst irreführen.
Diese Sorge vor Lügenkampagnen im Vorfeld von Wahlen rührt aus Erfahrungen der vergangenen Jahre in den USA und Lateinamerika. So soll sich der frühere Präsident Barack Obama 2012 vor der Stichwahl dieser Methoden bedient haben. 2016 nutzte die britische Firma «Cambridge Analytica» persönliche Daten aus bis zu 87 Millionen Facebook-Konten für die Kampagne von Donald Trump. Bei der Volksbefragung über das Friedensabkommen mit der Farc-Guerilla in Kolumbien arbeiteten zwei Marketingfirmen mit Falschmeldungen für das «Nein». Gegen den aussichtsreichen Kandidaten der Linken in Kolumbien, Gustavo Petro, lief im Präsidentschaftswahlkampf 2018 eine massive Fake-News-Kampagne in den sozialen Netzwerken. Auch bei der Wahl in Ecuador 2017 und vor dem Referendum über die Möglichkeit einer Wiederwahl des Präsidenten in Bolivien setzte die Opposition diese Methode ein. In Chile soll sie 2017 zum Wahlsieg von Präsident Sebastian Piñera beigetragen haben. In Brasilien ermittelt die Bundespolizei derzeit gegen den ultrarechten designierten Präsidenten Jair Bolsonaro wegen Verbreitung von Falschinformationen gegen seinen Rivalen in der Stichwahl, Fernando Haddad. Hilfe soll er dabei von Unternehmen bekommen haben, die auf das Verbreiten von Textnachrichten spezialisiert sind. Das Oberste Wahlgericht ordnete bereits die Löschung von 146.000 Posts an, die eine Reichweite von etwa 20 Millionen Lesern hatten und Fake News über Haddad beinhaltet haben sollen.
In Uruguay war kurz nach dem Ende der Diktatur 1989 ein Gesetz verabschiedet worden, das das bewusste Verbreiten von Lügen in Schrift, Ton und Bild verbietet. Die Wirkung von gesteuerten Falschmeldungen in den Medien, mit denen das zivil-militärische Regime Repressionsmaßnahmen rechtfertigte, waren als zentrales Element einer Diktatur und ihrer Kriminalität verstanden worden.
Die Initiative des Senators soll das bisher gültige Mediengesetz nicht ändern, sie bezieht sich auf die Entwicklungen im digitalen Bereich. Eine neue Generation von Wählern sei herangewachsen, die ihre politischen Informationen in erster Linie aus Kurznachrichten und Videos auf Facebook, WhatsApp, Twitter und Youtube bezieht. Vertreter internationaler Institutionen, der Internet-Plattformen, Informatiker und Journalisten sowie gesellschaftliche Organisationen seien sich einig, dass Falschinformationen besonders im Bereich der Wahlprozesse ein großes Problem seien, so Otheguy. Der Regulierungsbehörde für Kommunikationsdienste Uruguays (URSEC) soll nun eine besondere Verantwortung für die Überwachung und Kontrolle der Internetplattformen übertragen werden.
Die oppositionelle Nationalpartei kritisiert das Vorhaben und spricht von Zensur. Ihr Abgeordneter Rodrigo Goñi plädiert für einen «Digitalen Ethik-Pakt zwischen allen Parteien» um gegen Falschinformationen und Verwirrungskampagnen vorzugehen. Der Selbstregulierung solle Vorrang gegeben und das Bewusstsein der Bürger geschärft werden, eine Bestrafung sei nicht machbar.
Otheguy wies dies zurück. Bei dem Gesetztesprojekt gehe es ausschließlich um ein Verbot bei «bewusster, vollendeter Tat», wie es auch im Sinne des bisherigen Mediengesetzes gehandhabt werde. Außerdem sei darin bereits verankert, dass es sich bei der wissentlichen Verbreitung falscher Nachrichten, «die zu einer ernsthaften Störung des öffentlichen Friedens oder zu einem ernsthaften Schaden für die wirtschaftlichen Interessen des Staates oder seines Ansehens im Ausland führen», um einen Straftatbestand handele. Das neue Gesetz schaffe einen genaueren Maßstab, da das strafbare Verhalten absichtlich geschehen muss. Außerdem müssten die inkriminierten Mittel für den Zweck funktional sein, etwa Manipulationen, um Wahlen zu beeinflussen. Erst dann würden sie als Straftat eingestuft, die zudem nur bei Nutzung digitaler Internetplattformen der globalen Kommunikation, mit Hilfe eines Informatiksystems oder Technologien der Datenübertragung vorkomme. Delikte im Bereich der klassischen Medien würden wie bisher vom Mediengesetz behandelt.