Lange in Venezuela: Kommt es zu einem Bürgerkrieg im Land?

Im venezolanischen Caracas sind Mitarbeiter des staatlichen Ölkonzerns für den amtierenden Präsidenten Nicolás Maduro auf die Straße gegangen. Maduros Anhänger behaupten, dass der selbsternannte Interims-Staatschef Juan Guaidó nichts anderes als eine von Washington manipulierte Marionette sei. Der Nachrichtensender Euronews fasst die Vorgänge aus seiner Sicht zusammen.

Guaidós Anhänger fordern Neuwahlen und den Rücktritt Maduros.

In Caracas dankte Juan Guaidó dem Europäischen Parlament: «Ich danke dem Europäischen Parlament im Namen ganz Venezuelas für die Anerkennung einer demokratischen Geste, einer friedlichen Geste und für den Respekt vor unserer Verfassung.

Und wir haben bereits über eine Zusammenarbeit mit Europa gesprochen, um die Wiederherstellung unserer Vermögenswerte, die Bereitstellung humanitärer Hilfe für das Land und vieles mehr voranzutreiben.»

Neuwahlen in Venezuela notwendig

Guaidó hatte währenddessen Vermittlungsgesprächen mit Präsident Nicolás Maduro eine Absage erteilt. Mit einem Dialog sei die Krise in Venezuela nicht zu lösen, Maduro wolle mit diesem Vorgehen nur Zeit gewinnen. Diese Meinung teilen Abgeordnete der EU.

Esteban González Pons, stellvertretender Vorsitzender der Europäischen Volkspartei, sagte: «Wenn es um die Verteidigung der Menschenrechte, der Freiheit und der Demokratie geht, darf Europa nicht neutral sein. Wenn Maduro ein Tyrann ist, können wir nicht erwarten, dass er sich bessert. Denn das bedeutet, ihm eine Chance zu geben.»

Bei einem Treffen der EU-Außenminister in Bukarest betonte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini die Notwendigkeit freier und fairer Wahlen.

«Es besteht volle Einigkeit über das Ziel, das die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten verfolgen. Es müssen sobald wie möglich freie, demokratische Präsidentschaftswahlen mit internationalen Zusicherungen für die venezolanischen Bürger durchgeführt werden», sagte Mogherini.

Der Britische Außenminister Jeremy Hunt erklärte: «Die Wahlen waren illegitim. Es gab Wahlmanipulationen in großem Ausmaß, Oppositionsparteien wurden verboten. Und wir haben ein Land, dessen Bruttoinlandsprodukt sich fast halbiert hat. Die Menschen sind verzweifelt.»

Zudem beschlossen die EU-Staaten, zusammen mit südamerikanischen Ländern eine Krisengruppe einzurichten, die darauf abzielt, in drei Monaten Neuwahlen abzuhalten.

«Der Zweck dieser internationalen Kontaktgruppe ist klar. Sie ermöglicht es den Venezolanern sich durch Neuwahlen frei und demokratisch auszudrücken. Das steht schwarz und weiß auf dem Papier und ist klar. Es geht nicht darum, zu vermitteln oder Dialog zu ermöglichen», fügte Mogherini hinzu.

Möglicher Bürgerkrieg in Venezuela

Die EU-Botschafterin Venezuelas, Claudia Salerno, warnte vor dem Ausbruch eines Bürgerkriegs, der durch die Haltung der EU begünstigt werden könne.

«Wichtig ist die Frage, ob die EU bereit ist, einen Schritt nach vorn zu machen, um Venezuela zu einem Bürgerkrieg zu drängen. Das ist die Frage, die gestellt werden muss. Nicht ob Venezuela seine demokratischen Institutionen verändern will.»

Deutschland und mehrere andere europäische Staaten haben Maduro ein Ultimatum gestellt. Bis Sonntag soll er freie und faire Neuwahlen ausrufen. Andernfalls wollen sie — wie unter anderem die USA — Guaidó als rechtmäßigen Interimspräsidenten anerkennen.

In Venezuela kommt es immer wieder zu Demonstrationen gegen die Regierung. Präsident Maduro lehnt Neuwahlen jedoch ab.

Zuletzt wies Guaidó militärische Hilfe der USA beim Versuch der Regierungsübernahme zurück, schloss sie aber auch nicht völlig aus. Die USA waren das erste Land, das den Übergangsstaatschef anerkannte.