Relotius ist zurück: Spiegel erfindet Russenverschwörung – AfD-Politiker Frohnmaier im Visier

Eine Spiegel-Titelgeschichte, die wie gerufen kommt: Gerade hat der Europawahlkampf offiziell begonnen, und schon tischt das ehemalige Nachrichtenmagazin seinen Lesern die ganz große Verschwörung auf. Was ist dran an den Vorwürfen gegen AfD-Politiker Markus Frohnmaier? 

_ von Johann Jungen auf Compact Online

 

Wie jeder weiß, ist der Alternative für Deutschland die Freundschaft zu Russland eine außenpolitische Herzensangelegenheit. In Zeiten, in denen westliche Medien täglich neue Vorwürfe gegen Putin und den Kreml fabrizieren und „Russlandversteher“ in Politik und Medien einen schweren Stand haben, scheint es für den Spiegel angesagt, die freundschaftliche Haltung der AfD zu Russland ins Zwielicht zu rücken. Und was wäre dafür wohl besser geeignet als die Herbeifabulierung einer ominösen Russenverschwörung?

Komisch nur: Wer die ermüdende Hexenjagd gegen den US-Präsidenten Trump in Sachen „Russenverschwörung“ verfolgt hat, kann sich über die Themenwahl des Spiegel nur wundern. Was in den USA nicht geklappt hat – nämlich Trump illegale Machenschaften mit den Herrschern in Moskau anzudichten –, soll jetzt in Berlin erneut versucht werden. Das Ergebnis wird dasselbe sein. Nach zwei Jahren Treibjagd des gesamten politmedialen Establishments kam die Untersuchung zum Thema „Russian collusion“ in Washington zu dem Ergebnis: Außer heißer Luft bleibt nichts übrig. Ebenso wird sich auch die Anklage gegen AfD-Politiker Frohnmaier als ein Sammelsurium aus der Giftküche der politischen Konkurrenz entpuppen. Die Spiegel-Redakteure juckt das nicht: Die Lüge ist bereits zwei Mal um den Erdball gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe angezogen hat, besagt ein altes Sprichwort…

Putins Puppen“ heißt es auf dem Cover der Ausgabe 15/2019. Leicht variiert titelt man über dem Hauptartikel „Moskaus Marionetten“. Gemeint sind natürlich die Abgeordneten der AfD. Unterhalb der ganzen großen Verschwörung macht man es beim Spiegel offenbar nicht mehr. Für derart schwere Anschuldigungen – noch dazu gegen die gesamte Partei! – braucht es stichhaltige Belege. Der Spiegel wird seinen Ruf als „Qualitätsmedium“ doch nicht durch halbgare Vorwürfe beschädigen wollen? Uns interessiert daher die Frage: Liefert der Spiegel die nötigen Beweise?

Acht Seiten sind dem sogenannten Informationskrieg der Kreml-AfD-Connection gewidmet. Und nein, die Frage kann gleich zu Anfang beantwortet werden: Selbst wenn man annähme, dass alle Behauptungen bezüglich Markus Frohnmaier der Wahrheit entsprächen und er tatsächlich unter „absoluter Kontrolle“ Moskaus stünde (was vollkommen lächerlich ist!), kann von einer Beeinflussung der ganzen AfD beim besten Willen keine Rede sein. Zur Verkaufsförderung wurde das Thema also bereits auf dem Cover mächtig aufgeblasen. Die einen nennen es „Zuspitzung“, die anderen eher „Fake News“ der Relotius-Kategorie.

Aber was steht denn nun im Spiegel zur Sache? Eine Zusammenfassung aller Vorwürfe für Eilige ist im Folgenden durchnummeriert:

  1. Markus Frohnmaier wird vorgehalten, gemeinsam mit einer Riege internationaler Abgeordneter am Vierten Internationalen Wirtschaftsforum in Jalta teilgenommen zu haben – und das, obwohl die USA und EU wegen der sogenannten Annexion der Krim Sanktionen gegen Russland verhängt haben. (Mein lieber Schwan!)
  1. Markus Frohnmaier hat es doch tatsächlich gewagt, dem russischen Fernsehsender RT nach Eröffnung des Forums ein Interview zu geben. In diesem Interview schwärmt Frohnmaier gelassen von der Landschaft der Krim, der Architektur, dem Wein und dem Meerblick. (Ekelhaft!)
  1. Frohnmaier behauptet allen Ernstes, man müsse nun akzeptieren, dass die Krim ein Teil des russischen Staatsgebietes ist und auch bleiben wird. (Skandal!)

Nach diesen schockierenden Enthüllungen lassen die Redakteure – ganz unvoreingenommen, versteht sich, folgende Bemerkung einfließen: „Markus Frohnmaier klingt an jenem Donnerstag wie ein PR-Agent des russischen Präsidenten. So klingt er an vielen Tagen.“  Wie Frohnmaier für die feinen Ohren von Spiegel-Redakteuren „klingt“, ist derzeit noch kein Grund für Beugehaft. Gott sei Dank. Derartige Meinungsäußerungen der Redakteure erwecken allerdings beim Leser den Anschein, als müsse man die dünne Beweislage künstlich aufplustern. Finden Sie nicht?

Nach dieser ersten Salve gegen Frohnmaier setzt der Artikel unvermittelt zum Sprung auf die AfD an. Da heißt es plötzlich:

  1. „Die AfD […] hat sich als Glücksfall für Wladimir Putin erwiesen. Ihr Ziel, das Establishment anzugreifen, vereint die Partei mit dem russischen Präsidenten, der die Macht des Westens brechen will, indem er ihn zu spalten versucht.“ (Na, holla!)

Auch hier scheint die schillernde Fantasie der Redakteure die Oberhand gewonnen zu haben. Oder wie lässt es sich erklären, dass derart krude Verschwörungstheorien gegen den Westen vom Spiegel behauptet werden können, ohne auch nur ansatzweise einen Beleg zu bringen? Es wird aber noch besser. Wissen Sie, was die AfD und Moskau noch verbindet?

  1. „Gemeinsam haben AfD und Kreml zudem einen ausgeprägten Antiamerikanismus und die Verachtung moderner Werte wie die Gleichstellung von Lesben und Schwulen mit traditionellen Ehen.“ (Meine Herren!)

Spätestens hier (und wir befinden uns immer noch auf Seite 1 des Artikels!) sollte jedem Leser klar sein: Hier schreibt kein investigativer Journalist, sondern ein Ressentiment-beladener Auftragsjournalist. Und nur am Rande: Wenn SPD-Zugführer Martin Schulz den US-Botschafter Richard Grenell öffentlich als „rechtsextremen Kolonialoffizier“ bezeichnet oder SPD-Bundespräsident Frank Walter Steinmeier den Mann im Weißen Haus als „Hassprediger“ tituliert, wo bleibt da der Vorwurf des Antiamerikanismus? Auf solche Fragen bekommt man keine Antworten. Der Spiegel fährt martialisch fort:

  1. „Die russische Führung sieht in der größten Oppositionspartei Deutschlands einen Verbündeten im Krieg gegen das „entartete Europa“ […]. Das gemeinsame Ziel ist die Schwächung des Gegners.“ (Mein lieber Scholli!)

So steht es geschrieben. Und auch hier sucht der Leser den Beleg vergeblich. Kein Zitat, kein Indiz, nicht mal der leiseste Hinweis, der in diese Richtung interpretierbar wäre, wird hier vorgelegt. Was soll man daraus schließen? Dass die Spiegel-Redakteure keine Beispiele gefunden haben?

Nach einigen Absätzen nebulösen Geraunes über angebliche Waffenbruderschaft zwischen AfD und Putin kommt der Spiegel dann auch endlich zur Sache: Man habe – gemeinsam mit den befreundeten „Qualitätsmedien“ ZDF, BBC und La Repubblica – „exklusive Dokumente aus dem Moskauer Staatsapparat“ erhalten.

  1. Die geleakten Dokumente „belegen“ angeblich, wie „sich Politiker der AfD […] zu Erfüllungsgehilfen Russlands machen.“ (Das Wort „belegen“ wird beim Spiegel offenbar so verwendet, wie normale Leute das Wort „behaupten“ verwenden…)

Da reibt man sich jetzt aber aufgeregt die schweißnassen Hände. Beweisen sollen die „geleakten E-Mails und Dokumente“…

  1. „wie Moskau die westeuropäischen Demokratien schwächen und sich dafür die Unterstützung rechter Parteien sichern will“.

Als Quelle für diese schlüpfrigen Enthüllungen wird das „Dossiercenter in London“ genannt. Selbst der Spiegel muss zugeben: „Das Recherchezentrum wird vom russischen Geschäftsmann und Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski finanziert.“ Dass der aber eigene Motive mit dieser Aktion verfolgen könnte, wird im Heft ebenso wenig dargestellt wie die Tatsache, dass Chodorkowski als ehemaliger russischer Oligarch rechtskräftig wegen Betrugs und Steuerhinterziehung verurteilt wurde. Eine Anklage, die auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entgegen mancher Kritiker ausdrücklich als „nicht politisch“ motiviert bezeichnete.

Der Spiegel will also – pünktlich zum Europawahlkampf – die ganz große Verstrickung der AfD mit Russland beweisen. Und die dafür verwendeten Beweismittel stammen von einem Kriminellen, der nur noch von seinem Hass auf Putin am Leben gehalten wird und der bei seinen privaten Racheplänen gegen den Kreml vermutlich alles sagen oder tun würde, was hilft. Sehr glaubhaft. Was meinen Sie?

Keinen Deut besser machen es die Aussagen des Spiegel zur Glaubwürdigkeit der „exklusiven Dokumente“. Da heißt es dann: „Der Spiegel hat das Material geprüft […] und hält es für authentisch“. Oder noch besser: „Geheimdienstexperten bewerten sie als plausibel.“ Auf derart stählerner Grundlage lässt sich dann guten Gewissens der Schluss ziehen: „Die Erkenntnisse wiegen schwer.“ Ja, so schwer, dass man befürchten müsse…

  1. „Russland könnte die Wahlen zum Europäischen Parlament Ende Mai beeinflussen.“ (Alter Hut!)

Als Beleg für diese Behauptung hat das Rechercheteam des Qualitätsmediums nichts Besseres gefunden als eine Wahlkampfaussage der neuen, notorisch überforderten CDU-Parteichefin Annegret-Kramp-Karrenbauer. Die hatte in einem Nebensatz vor Wochen erwähnt, dass die russische Regierung angeblich „vieles daran setze, die Länder in der EU und die unmittelbaren Nachbarn zu schwächen, zu destabilisieren“.

Man muss es kaum noch extra betonen: Auch hier fehlt wieder jeglicher Beweis. Wie Medien und Politiker solche schwerwiegenden Vorwürfe gegen ein für Deutschland ganz zentrales Partnerland wie Russland vorbringen können ohne den Hauch eines Belegs – und ohne dabei knallrot zu werden –, weiß der Himmel!

Um dem Artikel doch noch irgendwie den Anschein des Denkmöglichen zu geben, werden Bruchstücke aus den geleakten Dokumenten zitiert, die zeigen sollen, dass „die Förderung russischer Interessen“ und die „Diskreditierung von Moskaus Kritikern“ Teil eines Strategiepapiers gewesen sei, dass vor der Bundestagswahl 2017 erarbeitet wurde. Wer es geschrieben hat? Keine Angabe. An wen es adressiert war? Keine Angabe. Genauer Wortlaut der vermeintlich heiklen Passagen? Keine Angabe. Lediglich behauptet wird, dass es aus der „russischen Duma an die höchste Führungsebene der Präsidialverwaltung verschickt wurde“.

Ob das Dokument authentisch ist, darf bezweifelt werden, denn es finden sich dort grammatikalische wie inhaltliche Fehler, die stutzig machen. (Frohnmaier wird etwa als Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg bezeichnet. Seine russischen Puppenspieler wissen also nicht einmal, dass er im Bundestag sitzt?) Aber selbst wenn es authentisch wäre: Völlig unklar bleibt, welche Bedeutung es haben soll. Ist es nur ein Thesenpapier? Ist es mehr als das? Der Spiegel scheitert auf seinen acht Seiten vollständig daran, die vermeintlich inkriminierende Brisanz der „Enthüllungen“ zu verdeutlichen….

Der durchschnittliche Spiegel-Leser mag von solchen Placebos bereits ganz hibbelig geworden sein. Kritische Leser runzeln irritiert die Stirn. Das wird doch wohl nicht alles gewesen sein, was an explosiven Enthüllungen zu erwarten ist? Scheinbar schon. Hätte man wirklich etwas Brisantes in der Hand, wären Formulierungen wie diese völlig unnötig:

  1. „Seit Jahren spannt Russland, so die einhellige VERMUTUNG von Experten, die Rechtspopulisten gezielt als Lautsprecher für seine Expansionspolitik auf der Krim und in der Ostukraine ein, als Feigenblatt für FRAGWÜRDIGE Wahlen und als Scharfmacher für die deutschen Marktplätze.“

Nichts, nichts plus nochmal nichts wird auch bei beliebiger Addition genau nichts bleiben. Der Spiegel hingegen versucht schwammige und schwache Behauptungen so oft zu wiederholen und zu verknüpfen, bis der geneigte Leser vor dem filigranen Sachverstand der Redakteure kapituliert. So fährt denn auch der Spiegel völlig ungerührt fort:

  1. „Er [Frohnmaier] spielt eine Hauptrolle in dem Strategiepapier […].“ Denn: „Er wird ein unter absoluter Kontrolle Moskaus stehender Abgeordneter im Bundestag sein“, heißt es in dem Papier.

Mit Wonne nimmt der Spiegel solche blinden Anschuldigungen auf: „Ein AfD-Abgeordneter als Williger Helfer zu Moskaus Gnaden, könnte man da noch von einem freien, unabhängigen Mandat sprechen?“ Zweifel oder Kritik an der bislang völlig unbewiesenen Behauptung? Fehlanzeige. Unschuldig, bis die Schuld bewiesen ist? Nicht in der Spiegel-Redaktion! Die Journalisten – angeführt von der notorisch scharfzüngigen Melanie Amann – ziehen über einen demokratisch gewählten Bundestagsabgeordneten her, unterstellen ihm schwerste Vergehen – und können dafür nicht den kleinsten Beleg vorweisen. Unfassbar, aber im deutschen Journalismus heute wohl normal…

Wir befinden uns – nur der Orientierung halber – immer noch auf Seite 2 des Artikels. Doch bereits hier geht dem Redakteur spürbar die Luft aus. Das sollen jetzt die schweren Anschuldigungen gegen Markus Frohnmaier und die AfD sein? Dass sowohl Frohnmaier als auch andere Außenpolitiker der AfD – darunter Armin-Paulus Hampel und Fraktionschef Alexander Gauland – gute Kontakte zu russischen Kollegen und Botschaftern pflegen, soll ernsthaft als Hinweis auf zwielichtige Verstrickungen gelten? Genauso gut hätte man Petr Bystron, den Obmann der AfD im Auswärtigen Ausschuss, mit einem eigenen Absatz versehen können. Der hatte nämlich kürzlich, assistiert durch seine Ehefrau, Kontakt zum russischen Außenminister Sergej Lawrow aufgenommen, um den in Venezuela inhaftierten deutschen Journalisten Billy Six aus der Haft zu befreien (Wir berichteten). Das müsste doch auch als vielsagende „Verbindung“ gewertet werden. Sie merken schon, hier wird es albern.

Dass russische Diplomaten wie der Berliner Botschaftsattaché Daniil Bisslinger in der Vergangenheit zu Veranstaltungen geladen wurden, bei denen auch Frohnmaier, Gauland und andere zu den Besuchern sprachen, beweist rein gar nichts. Dass der Spiegel diese völlig harmlosen, politischen Treffen mit mehrdeutigen Kommentaren wie „So wächst zusammen, was zusammen gehört“ oder „Es war ein Abend unter Gleichgesinnten“ versieht, zeigt die Nöte der Redakteure: Belastenderes Material haben sie nicht gefunden, also wird jeder Kontakt, jeder Themenabend, jeder Botschaftsbesuch, jede Delegationsreise als Indiz für die Kremlverschwörung genommen. Kaum zu glauben, dass der Spiegel mal ein ernsthaftes Nachrichtenmagazin gewesen sein soll…

Man staunt nicht schlecht, wenn der Spiegel – mitten im Artikel! – seine eigene Argumentationslinie untergräbt. Da heißt es doch tatsächlich: „An sich ist nichts Verwerfliches daran, wenn Botschaftsangehörige Kontakt zu Politikern, Kulturschaffenden oder Wirtschaftsleuten ihres Gastlandes suchen. Ganz im Gegenteil, es gehört zu ihren Aufgaben.“ Ja, was stört den Spiegel dann? Es stört die Redaktion, wenn „Politiker auserkoren und zu Werkzeugen in einer großen, langfristigen Strategie der politischen Einflussnahme werden“. Oder anders gesagt: Den Spiegel stören nicht die Tatsachen. Die sind untadelig. Was das Medium stört, sind die völlig aus der Luft gegriffen Verschwörungstheorien. Die scheinen die Mitarbeiter in der Hamburger Zentrale ganz schön in Wallung zu bringen. Vielleicht sollte der Spiegel daher bei den Fakten bleiben und aufhören, solche Theorien zu erfinden?

Ab Seite 3 des Artikels schaut man sich als Leser enttäuscht um. Die „Beweisaufnahme“ ist abgeschlossen. Was jetzt folgt, ist nur noch bloßes Geraune und Geblubber. Da ist wieder von russischer Desinformation die Rede, von angeblicher Manipulation durch russische Staatssender wie RT und Sputnik, von russischen „Trollen“ im Internet.

 

Gelangweilt legt man das Heft zur Seite, öffnet einen neuen Tab im Browser und stößt auf die gestrige Rede des AfD-Parteichefs Jörg Meuthen in Offenburg. Der hat in einem sehr spritzigen und humorvollen Vortrag die Grundzüge des Europawahlprogramms dargelegt. Und da trifft es einen wie ein Schlag in den Magen: Diese Partei könnte der Konkurrenz in Brüssel und Strasbourg gefährlich nah auf die Pelle rücken. Die  Pressekonferenz von Meuthen mit Italiens Innenminister Matteo Salvini in Mailand unterstreicht diesen Eindruck: Die Patrioten Europas formieren sich, und sie spielen auf Sieg. Wundert es da noch jemanden, dass in den Redaktionen von Spiegel und Co. Panik angesagt ist?