Seit gestern wird der Wahlsieg von Wladimir Selenskij als die große Sensation verkauft, nachdem er mit über 70 Prozent die Stichwahl gegen den amtierenden Präsidenten Poroschenko gewonnen hatte. «Alles ist möglich», titelt beispielsweise der GEZ-finanzierte Sender ARD. Ein Erfolg der «jungen Demokratie» wird gefeiert, aber kein Wort darüber, dass sein Wahlkampf bereits lange zuvor vom ukrainischen Oligarchen Igor Kolomoiskij finanziert wurde.
Das Gesicht war durch seine ukrainische Comedy-Sendung bekannt, wo er ausgerechnet den ukrainischen Präsidenten spielte. Vergleiche mit dem «plötzlichen Erfolg» von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wurden schnell gezogen. Und teilweise auch berechtigt: Denn auch Macrons Präsidentschaft wurde Jahre vor seiner Wahl immer wieder medial in Betracht gezogen. So beispielsweise in der französischen Sprachzeitschrift Écoute, wo man bereits 2015 mit Frankreichs jetzigem Präsidenten das Titelblatt füllte.
Und das soll alles kein Zufall sein? Jetzt wird der ukrainische Komiker ebenso als sogenannter «Hoffnungsträger» in den westlichen Medien beweihräuchert, wie es einst bei Macron geschehen ist. Und sein Gesicht war in Zeiten des französischen Wahlkampfes 2017 auf fast allen französischen Blättern zu sehen. Und heute? Notre-Dame ist letzte Woche fast abgebrannt. Seit mehr als fünf Monaten knüppelt Macron die Gelbwesten nieder, die mit der Politik des französischen Shootingsstars nicht zufrieden sind.
Ob wir bald in der Ukraine ähnliche Bilder sehen werden? Nicht unwahrscheinlich. Ob man an diesem Debakel am Ende Moskau die Schuld gibt? Höchstwahrscheinlich. Aber zurück zur vermeintlichen «Sensation» über den Wahlsieg eines «jungen Underdogs», dessen Gesicht in der Ukraine bereits lange bekannt ist und den ukrainischen Mainstream-Medien längst als Präsident gehandelt wurde. Die Betonung liegt auf die dortigen Medien, denn um die Politik in der Ukraine wird im deutschen Mainstream eher verhalten berichtet, denn bereits der scheidende Hoffnungsträger Pedro Poroschenko entpuppte sich als Griff ins Klo, auch wenn man das nicht so gerne offen zugibt.
Als Poroschenko im Mai 2014 an die Macht geputscht wurde, entflammte im Donbass ein Bürgerkrieg. Dieser wurde durch einen Waffenstillstand im Februar 2015 mehr oder weniger entschärft, obwohl die ukrainischen Streitkräfte nahezu täglich dagegen verstoßen. Aber die Schuld für das Debakel sucht man mehr in Moskau und weniger in Kiew. Die Lügen über eine «russische Invasion» wurde schnell widerlegt und selbst der damals federführende Spiegel musste für den Blödsinn schwer büßen. Denn kurz bevor man die alte Riege aus der Chefredaktion gegen eine NATO-treue Truppe ausgetauscht hat, musste man wieder Personalentscheidungen treffen. Und der Lügenbaron Claas Relotius war dabei wirklich nur die Spitze des Eisbergs.
Wenn sich bald aber Selenskij ebenfalls in naher Zukunft als Mogelpackung entpuppen sollte, dann wird das möglicherweise in den Medien totgeschwiegen oder als die nächste «Sensation» verkauft. «Wer hätte das für möglich gehalten?», liest man oft und gerne in unseren Medien, die dem Leser gerne im Sekundentakt eine Sensation auftischen wollen. Nur wenn sich alles am Ende als Lug und Trug und von langer Hand geplante Agenda entpuppt, dann zeigt man wieder gerne den Finger auf Moskau.
Am Ende sei eine vorsichtige Prognose erlaubt: Der baldige Präsident der Ukraine wird die Krim nicht wieder zurückerobern. Den Donbass-Konflikt wird er vielleicht ein wenig entschärfen, aber nicht lösen. Das merkwürdige an alledem ist vielleicht eines: Nicht nur der Westen spielt hier den überraschten Fan, sondern auch Teile der russischen Medien will sich den Sieg Selenskijs und die Niederlage Poroschenkos als Erfolg zuschreiben.