Nach dem Rücktritt von Nahles kommt die Zeit des Verrats wieder. Alle fragen sich, ob die SPD aus einer Koalition mit der Union hervorgehen wird, die aus Gewohnheit immer noch «groß» heißt.
Die Union gibt sich mehrheitlich staatstragend und betont, sie stehe dafür, dass alles so weitergehen muss wie bisher. Dabei weiß jeder, dass der kapitalistische Normalbetrieb auch bei einer nur geschäftsführenden Regierung weitergeht, dass zeigte sich nach den letzten Wahlen.
In Belgien war die Zeit ohne amtierende Regierung noch länger. Doch auch in der Union gibt es unterschiedliche Akzente bei der Frage des Umgangs mit der SPD. Während vor allen die Unterstützer der neuen CDU-Vorsitzenden Kramp-Karrenbauer eher das staatstragende «Weiter so» ventilieren, hat der wirtschaftsnahe Flügel, der sich noch immer nicht mit der Niederlage von Friedrich Merz abgefunden hat, schon mal daran erinnert, dass die Union auch Optionen ohne die SPD habe.
Da gibt es schon einige, die in einer Einbindung der Grünen — möglichst mit der FDP — in eine neue Regierung bessere Verwertungsbedingungen für das deutsche Kapital sehen. Die SPD ist ja nun bekanntlich seit über 100 Jahren keine Gefahr mehr für das Kapital, trotzdem wurde sie von führenden Kapitalkreisen immer noch so behandelt. Selbst zaghafte soziale Zugeständnisse wurden als Zumutung empfunden.
Da teilt die SPD das Schicksal mit den ihr nahestehenden staatstragenden Gewerkschaften. Die müssen heute in manchen Branchen regelrecht darum betteln, doch als Tarifpartner auch für den Wirtschaftsfrieden sorgen zu dürfen. Trotzdem gibt es genügend Branchen, für die selbst ein braver DGB-Gewerkschaftler im Betriebsrat eine Einschränkung des Herr-im-Haus-Standpunkts ist.
Telepolis