Jüdischer Weltkongress: «Antisemitismus hat in Deutschland einen Krisenpunkt erreicht»

Jeder vierte Deutsche hegt laut einer Studie des Jüdischen Weltkongresses antisemitische Gedanken. Befragt wurden rund 1300 Frauen und Männer.

Darüber berichtet unter anderem der russsiche Dienst von Deutsche Welle unter Berufung auf Zeitungsberichte. Wie die «Süddeutsche Zeitung» berichtet, äußerten 41 Prozent von ihnen die Meinung, Juden redeten zu viel über den Holocaust. Auch Aussagen wie Juden hätten zu viel Macht in der Wirtschaft oder trügen die Verantwortung für die meisten Kriege auf der Welt seien auf relativ große Zustimmung gestoßen. Fast die Hälfte (48 Prozent) ist der Meinung, Juden verhielten sich loyaler zu Israel als zu Deutschland.

Beispielhaft sind insbesondere die Reaktionen auf die Fragen von Befragten mit Hochschulabschluss und einem Jahreseinkommen von mindestens 100.000 Euro, die der oberen Gesellschaftsschicht angehören. 28 Prozent von glauben, dass Juden zu viel Macht in der Weltwirtschaft haben, 26 Prozent — zu viel Macht in der Politik. Diese Aussagen gehören laut Veröffentlichung zum klassischen Repertoire der Antisemiten. Fast jede zweite Person in dieser Gruppe (48% der Befragten) glaubt, dass Juden Israel gegenüber loyaler sind als Deutschland.

12 Prozent aller Befragten glauben, dass Juden für die meisten Kriege auf der Welt verantwortlich sind, 22 Prozent glauben, dass Juden für ihr Verhalten gehasst werden und 41 Prozent sagen, dass Juden zu viel über den Holocaust sprechen. Darüber hinaus glaubt jeder vierte Befragte, dass «im heutigen Deutschland eine Wiederholung von etwas ähnlichem wie dem Holocaust möglich ist».

Jeder Dritte ist bereit für Proteste

Ungefähr 60 Proeznt der Befragten geben zu, dass Juden der Gefahr von Gewalt oder verbalen Angriffen ausgesetzt sind. Die meisten Deutschen (65 Prozent) sehen in Deutschland eine Bedrohung durch Antisemitismus. Gleichzeitig führen 36 Prozent dies auf die wachsende Popularität rechter Parteien in Deutschland zurück. Fast jeder fünfte Befragte (18 Prozent) glaubt, dass der Grund dafür Einwanderer aus muslimischen Ländern sind, und 31Prozent geben der Zunahme des Antisemitismus muslimischer Extremisten die Schuld.
Zusammen mit der Zunahme des Antisemitismus zeigen die Ergebnisse der Umfrage, dass der Wunsch, sich diesem zu widersetzen, in der Gesellschaft zunimmt. Zwei Drittel der Befragten, die die sogenannte Elite repräsentieren, würden eine Petition gegen Antisemitismus unterzeichnen, ein Drittel aller Befragten würde zu den entsprechenden Protesten gehen.

Zu den Ergebnissen der Umfrage, die zweieinhalb Monate vor dem Angriff auf die Synagoge in Halle durchgeführt wurde, erklärte der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, gegenüber der Süddeutschen Zeitung. «Antisemitismus hat in Deutschland einen Krisenpunkt erreicht», so Lauder. Deutschland habe sich verpflichtet, die Rückkehr von Intoleranz und Judenhass zu verhindern. Wenn sich mehr als ein Viertel der Gesellschaft mit Antisemitismus identifiziert, dann ist nach Ansicht des Chefs der KEK für die verbleibenden drei Viertel die Zeit gekommen, Demokratie und Toleranz zu verteidigen.