WikiLeaks enthüllt weitere OPCW-Dokumente: Leiter forderte Löschung der Ermittlungsergebnisse

WikiLeaks veröffentlichte weitere Dokumente über den angeblichen Giftgasangriff in Syrien durch die Regierung, aufgrund dessen die USA, Frankreich und Großbritannien mit Vergeltungsangriff reagierten. Die vermeintlich neutrale Organisation OPCW versuchte Ermittlungsergebnisse zu fälschen, um die Bombenangriffe des Westens zu rechtfertigen.

Dabei sollten Berichte über die Ermittlungen in Douma gelöscht werden, wie aus einer E-Mail-Korrespondenz zu entnehmen ist. Das geht aus der jüngsten Enthüllung des Transparenz-Portals hervor, die auf WikiLeaks nun abrufbar sind.

Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter kündigte WikiLeaks die Veröffentlichung der Dokumente eine Stunde zuvor an, die auf der unteren Meldung verlinkt ist. Vier veröffentlichte Dokumente der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) sind in englischer Sprache nebst Pressemitteilung, die hier in modifizierter Form wiedergegeben wird veröffentlicht.

Vierte WikiLeaks-Enthüllung über die Douma-Ermittlungen der OPCW

WikiLeaks hat bereits zum vierten interne Dokumente der OPCW zur Untersuchung des mutmaßlichen chemischen Angriffs in Douma im April 2018 veröffentlicht. News Front berichtete bereits in den vergangenen Wochen mehrmals. Alle bereits veröffentlichten Dokumente

Eines der Dokumente ist ein E-Mail-Austausch vom 27. und 28. Februar zwischen Mitgliedern der bei Douma stationierten Fact Finding Mission (FFM) und den leitenden Beamten der OPCW. Es enthält eine E-Mail von Sebastien Braha, Kabinettschef bei der OPCW, in der er anweist, dass ein technischer Bericht von Ian Henderson aus dem sicheren Register der Organisation entfernt werden soll:

«Bitte entnehmen Sie dieses Dokument aus DRA [Documents Registry Archive] … und entfernen Sie gegebenenfalls alle Spuren von dessen Lieferung / Lagerung / was auch immer in DRA.»

Das wichtigste Ergebnis von Henderson, der die Standorte in Douma und zwei Zylinder inspizierte, die am Ort des mutmaßlichen Angriffs gefunden wurden, war, dass sie mit größerer Wahrscheinlichkeit manuell dort platziert wurden, als aus beträchtlichen Höhen von einem Flugzeug oder Hubschrauber abgeworfen zu werden. Seine Erkenntnisse wurden aus dem offiziellen Abschlussbericht der OPCW über den Douma-Vorfall gestrichen.

Ein weiteres heute veröffentlichtes Dokument ist ein Protokoll einer Sitzung am 6. Juni 2018, in der vier Mitarbeiter der OPCW Gespräche mit „drei Toxikologen / klinischen Pharmakologen, einem bioanalytischen und toxikologischen Chemiker“ führten (laut Protokoll alle Spezialisten für chemische Waffen).

Das Treffen diente zwei Zwecken. Das erste Ziel war, «um den Expertenrat über den Wert der Exhumierung mutmaßlicher Opfer des mutmaßlichen chemischen Angriffs in Douma am 7. April 2018 einzuholen». Laut Protokoll wurde das OPCW-Team von den Experten darauf hingewiesen, dass die Durchführung von Exhumierungen wenig sinnvoll sei. Der zweite Punkt lautete: «Expertenmeinungen der forensischen Toxikologen zu den beobachteten und gemeldeten Symptomen der mutmaßlichen Opfer einholen.»

Keine Symptome einer Chlorgas-Vergiftung

Genauer, «… ob die bei Opfern beobachteten Symptome mit einer Chlorvergiftung oder anderem reaktiven Chlorgas im Einklang standen.»

In dem heute enthüllten Dokument heißt es: „In Bezug auf die Übereinstimmung der beobachteten und gemeldeten Symptome der mutmaßlichen Opfer mit einer möglichen Exposition gegenüber Chlorgas oder Ähnlichem waren die Experten in ihren Aussagen zu dem Schluss gelangt, dass kein Zusammenhang zwischen Symptomen und Chlorvergiftungn besteht.“ .

OPCW-Teammitglieder schrieben, dass der Schlüssel „Mitnahmebotschaft“ von der Besprechung sei

«Dass die beobachteten Symptome nicht mit der Exposition gegenüber Chlor vereinbar sind und keine andere offensichtliche Kandidatenchemikalie, die die Symptome verursacht, identifiziert werden konnte».

Das dritte Dokument ist eine Kopie des OPCW-E-Mail-Austauschs vom 20. bis 28. August 2018, in dem das Treffen mit den Toxikologen erörtert wird.

Das vierte Dokument ist ein E-Mail-Austausch von Ende Juli 2018, in dem angegeben wird, dass die acht OPCW-Inspektoren, die während der Ermittlungsmission nach Douma entsandt wurden (außer einem Rettungssanitäter), von den Diskussionen über das Projekt ausgeschlossen werden sollten.

Letztlich veröffentlichte WikiLeaks weitere Beweise für die Nichtbeteiligung von Damaskus an einen Giftgas-Anschlag, den es so wahrscheinlich nicht gegeben hat. Bereits zum Zeitpunkt des Angriffs auf Damaskus war die Beweislage sehr dünn.

Schon 2018 war klar gewesen, dass die Vorwürfe des Westens gegen die ungeliebte Assad-Regierung nicht bewiesen werden können. Anhand der WikiLeaks-Dokumente kann man nun nachlesen, dass man während der Untersuchung alles daran setzte, Experten auszuschließen, die das für den Westen passende Ergebnis in Zweifel ziehen könnten. Inzwischen hat sich die Lage für die syrische Regierung auch nicht verschlechtert, so dass es fraglich ist, wie relevant diese Enthüllungen von WikiLeaks im politischen Diskurs werden.