Karlsruhe: Bundesverfassungsgericht verhandelt über das BND-Gesetz

Vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wird über das im Jahre 2017 in Kraft getretene Gesetz des Bundesnachrichtendienstes, das sogenannte BND-Gesetz, verhandelt. Journalisten und Medienorganisationen haben Klage gegen das Gesetz erhoben, weil sie ihre Grundrechte durch die BND-Überwachung gefährdet sehen. Der deutsche Geheimdienst begründet seine Abhörpraxis hingegen mit der Terrorabwehr.

Am Dienstag und Mittwoch verhandelt das oberste deutsche Verfassungsgericht über das BND-Gesetz.

Das Karlsruher Gericht hat zwei Tage für die mündliche Verhandlung anberaumt. Ein Urteil ist laut der offiziellen Internetseite des Bundesverfassungsgerichts am 26. Februar zu erwarten.

Streitgegenstand ist die Befugnis im BND-Gesetz, die es dem Nachrichtendienst erlaubt ausländische Journalisten im Ausland zu überwachen. Chats, E-Mails und Telefonate können bislang Beschwerdeführer sind nach Angaben des Bundesverfassungsgerichts die international tätige Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) mit Sitz in Frankreich, die sich weltweit für die Pressefreiheit einsetzt, mehrere im Ausland investigativ tätige Journalistinnen und Journalisten mit aserbaidschanischer, niederländischer, britischer, slowenischer, mexikanischer und nordmazedonischer Staatsangehörigkeit und ein Rechtsanwalt mit deutscher Staatsangehörigkeit, der für ein Menschenrechtsbüro in Guatemala tätig ist.

Sie sehen durch das Gesetz ihr Grundrecht auf Pressefreiheit sowie das Fernmeldegeheimnis verletzt. Der Bundesnachrichtendienst hingegen betont, dass nur durch eine umfassende Fernmeldeaufklärung eine effektive Terrorabwehr möglich sei. Das streitige BND-Gesetz wurde 2016 verabschiedet, um bislang illegale Abhörpraktiken des Auslandsnachrichtendienstes zu legalisieren, die im Zuge der Enthüllungen des NSA-Whistleblowers Edward Snowden ans Tageslicht gekommen sind.

Diese Reform ist ein Verfassungsbruch mit Ansage“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr bereits 2016 im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens. Anstatt dem BND künftig Schranken zu setzen, legalisierte die Bundesregierung die Praktiken mit dem neuen BND-Gesetz. Laut der NGO sind 50 Prozent der Journalisten Opfer der Geheimdienste.

„Im Umgang mit ihnen ist eine ganz besondere Sensibilität notwendig“, erklärte Mihr. Verschärfend komme hinzu, dass Informationen mit anderen Geheimdiensten geteilt werden dürfen. So werde ein gefährlicher „Ringtausch“ legalisiert, bei dem etwa der BND die „Washington Post“ anzapfen könnte und die Informationen mit der NSA tauscht, die im Gegenzug deutsche Medien abhört, sagte Mihr.

Zudem befürchten auch deutsche Journalisten Opfer der BND-Spionage zu werden, weil  «auch als deutscher Staatsangehöriger von der strategischen Ausland-Ausland-Aufklärung erfasst zu werden, da seine Staatsangehörigkeit auf technischem Wege nicht zuverlässig erkennbar sei und er gegebenenfalls auch als „Funktionsträger“ einer ausländischen Nichtregierungsorganisation erfasst werden könne», wie es in der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts geschrieben steht.

Bereits im Zuge der Snowden-Affäre begründete der BND seine damalige Überwachungspraxis mit der Terrorgefahr. Eine umfassende Datenabschöpfung sei für Nachrichtendienste unabdingbar.Allerdings gibt keinerlei Belege dafür , dass der BND in der Tat besser für die Sicherheit sorgen kann, wenn er die komplette Internetkommunikation abfängt.

Sobald sich Verdachtsmomente ergeben, ist er ohnehin berechtigt die Telekommunikationsüberwachung einzuleiten. Die bisherige Praxis wird von Juristen dahingehend kritisiert, dass der BND alle Journalisten unter einen Generalverdacht stellt.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) mit Sitz in Berlin (bis Anfang 2019: Pullach) ist neben dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) einer der drei deutschen Nachrichtendienste des Bundes und als einziger deutscher Nachrichtendienst zuständig für die zivile und militärische Auslandsaufklärung.

Er unterliegt wie das BfV und der MAD einer umfangreichen Kontrolle der Nachrichtendienste. Seit 1990 ist seine Tätigkeit durch das BND-Gesetz geregelt. Dieses Gesetz wurde wie oben angesprochen novelliert.

Der BND ist innerhalb rechtlicher Grenzen dazu befugt, mit technischen Mitteln Informationen über das Ausland zu sammeln und auszuwerten, sofern diese für die Bundesregierung von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung sind.

Der BND hat mehrere spezialisierte Außenstellen, die Signale aus internationalen Telekommunikationsnetzen verarbeiten. Hierzu gehören Standorte in Schöningen, Rheinhausen, Bad Aibling und Gablingen.