Als im Jahre 2014 RT Deutsch an den Start ging, war in den deutschen Leitmedien der Aufschrei groß. Das Gerede um den «Putin-Sender» dauert bis heute an. Da hat der «Erdogan-Sender» gerade noch gefehlt. Kein Wunder, dass der Start von TRT Deutsch für die etablierten Medien einen mittelschweren Skandal darstellt.

In den Jahren vor 2014 hatten Nachrichtenagenturen oder Sender in deutscher Sprache eher ein Schattendasein gepflegt. Als nennenswerte Ausnahme fiel bis Ende 2014 der Sender «Stimme Russland» auf, der inzwischen mit RIA Novosti auf Deutsch in Radio Sputnik aufging. Sputnik und RT Deutsch sind die für deutsche Mainstream-Medien der Feindsender schlechthin. Politiker, Journalisten oder Experten geraten schnell in die Kritik, sobald sie diesen Sendern Artikel anbieten oder als Interviewpartner zu Verfügung stehen.
Das hat natürlich alles mit dem Informationskrieg zu tun, der zwischen der westlichen und östlichen Welt seit 2014 immer offener ausgetragen wird. Verschwörungstheorien, Fake News und Desinformationen sind die Vorwürfe, die man deutschen Ablegern russischer Medien gerne macht. Auch News Front hat es einige Male in den Leitmedien geschafft, wo man ähnlich versuchte, die Inhalte der Nachrichtenseite zu diskreditieren. Bald könnte ein neuer Sender hinzukommen, der öfter in den Fokus der Medienkritiker gerät.
Der türkische Staatssender TRT ging gestern in deutscher Sprache online und plant wie bereits im letzten Oktober angekündigt, auch eine Sendelizenz zu erhalten. Das versucht auch RT Deutsch und stieß Ende 2018 auf heftigen Widerstand des Deutschen Journalistenverbandes (DJV). Der übliche Vorwurf salopp ausgedrückt ist: «Putin-Propganda».
Darauf folgt nun die «Erdogan-Propaganda», wie man in den Vorstellungsartikeln deutscher Medien schnell entnehmen kann. Doch was ist TRT? TRT bedeutet Türkiye Radyo ve Televizyon Kurumu und ist die öffentlich-rechtliche Rundfunkgesellschaft der Türkei. Die TRT wurde 1963 als öffentlich-rechtlicher Sender nach dem Vorbild der britischen BBC gegründet.
Der russische Präsident Wladimir Putin ist spätestens seit 2012 das Feindbild Nummer Eins in den westlichen Redaktionsstuben. Der türkische Präsident Erdogan holte 2013 nach und nach auf und ist spätestens seit 2016 — aus der westlichen Brille betrachtet — genauso ein «schlimmer Diktator», der ab 2020 seine «Propaganda» auch in deutscher Sprache verbreitet.
Pendant zu RT Deutsch
TRT Deutsch und ist einfach ausgedrückt das türkische Pendant zu RT Deutsch, weswegen man auch von Konkurrenz sprechen kann. Das sehen auch Journalisten und Autoren so, die dem türkischen Präsidenten nicht positiv zugewandt sind. Also ungefähr die meisten Journalisten und Autoren, die spätestens seit der Verhaftung von Deniz Yücel, ein Journalist der Axel-Springer-Presse, Erdogan als (natürlich dicht gefolgt von Putin)den größten Feind der Pressefreiheit ansehen.
Eine Rivalität dürfte zwischen den beiden Sendern allerdings ausbleiben, weil beide Portale wohl fast die ganze etablierte Medienlandschaft gegen sich stehen haben. RT Deutsch kann seit fünf Jahren ein Lied davon singen.
Diesen ganzen Vorurteilen und Anschuldigungen entgegenzutreten, war sicherlich auch in der TRT-Zentrale in Ankara Motivation genug in Deutschland aktiv zu werden, nachdem ein beachtenswerter englischsprachiger Sender bereits etabliert wurde.
Alleine deswegen, weil die Staaten Russland und Türkei trotz immer besser werdenden Beziehungen auch unterschiedliche Interessen haben. Die beiden staatlich finanzierten Auslandssender haben daher unter anderem den Auftrag, die Sicht des Weltgeschehens aus der Persepektive Moskaus beziehungsweise Ankaras vorzustellen.
Gegenstück zur Deutschen Welle
RT und TRT stellen quasi das Gegenstück der Deutschen Welle dar, die ebenfalls in russischer und türkischer Sprache den Standpunkt Berlins darlegen. Konkurriend sind TRT und RT deswegen, weil Auslandssender wie PressTV (Iran) oder Al-Jazeera (Katar) bislang nicht in deutscher Sprache senden, aber auf der ganzen Welt gerne gesehen werden. Bislang ist es der Deutschen Welle nicht gelungen, diesen Sendern weltweit Paroli zu bieten.
Spannend wird sein, wie erfolgreich sich TRT Deutsch entwickeln wird. Und inwieweit man ähnlich wie RT ein Gegenspieler der etablierten Medienwelt wird. Die Internetseite machen auf den ersten Blick einen professionellen und moderenen Eindruck und die Inhalte durchaus brauchbar. Der Startseite zufolge ist man immer noch in einer Beta, also einer Testphase. In den gängigen Sozialen Netwerken wie Facebook, Twitter oder Instagram ist der Sender offiziell vertreten.
Zudem gibt es einen YouTube-Kanal, auf den ein Fernsehsender in deutscher Sprache folgen soll. Dem Deutschen Medienkonsumenten wird also die Möglichkeit geboten, Nachrichten und Informationen aus der Sicht jenseits von Brüssel, Berlin, London oder Washington zu erhalten.
Die deutsche Angst vor ausländischen Medien
Und der Ruf Ankaras in Deutschland könnte weitaus besser sein. Weitaus besser könnte die Medien- und Meinungsvielfalt in Deutschland auch gestaltet sein.
Besonders in Zeiten, wo vor allem islamfeindliche Portale und YouTube-Kanäle immer mehr Zuspruch erhalten, welche sich letztlich auch nur den Interessen der USA und Israel helfen. Wer also die Mär vom bösen Diktator am Bosperus lesen will, der dürfte in der etablierten deutschen Medienlandschaft überall fündig werden.
Und seit RT in Deutschland ist reagiert die Medienwelt auf deutschsprachige Ableger von staatlichen Auslandssendern allergisch. Selbst wenn die britische BBC auf Deutsch senden würde, wäre das erstmal der Propaganda-Sender von «Brexit-Boris», ein deutsches PressTV wohl der «Mullah-Sender».
Warum sich so viele Journalisten sich gegen neue Sender aus dem Ausland stark machen ist eigentlich irrational. Vor allem in Anbetracht dessen, dass immer mehr Medien, Nachrichtenagenturen in Deutschland aussterben und viele Journalisten und Redakteure ihren Job an den Nagel hängen. Wer es als deutscher Journalist es allerdings wagt, sich RT oder TRT umzuschauen, egal ob fest oder frei, dem wünschen viele keinen Job mehr zu finden.