Syrien: Kann die unterschiedliche Interessenlage zwischen Russland und der Türkei nachhaltig bereinigt werden? Ein Lagebericht

Im Südosten Syriens, im Gouvernement Idlib, tobt seit Jahren ein Krisenherd, der von dschihadistischen Gruppierungen angeheizt wird. Berichte, dass russische Luftwaffe und türkische Truppen sich in die Quere kamen, wurden dementiert, sind aber Anlass einen Überblick über die Situation zu verschaffen.

Russland, Iran und die Türkei gelten als Garanten für den Waffenstillstand und Frieden in Syrien. In der Deeskalationszone um Idlib besteht seit Jahren Eskalationspotential. Dort haben dich Islamisten-Miliz zusammengefunden, die von Ankara und/oder Tel Aviv unterstützt werden, weswegen das syrische Militär ständig auf Dschihadisten-Waffenlager hinweist, die prall gefüllt sind — mit Waffen, Gerät und sonstiger Ausrüstung, hergestellt in westlichen Ländern und Israel.

Die Türkei unterstützt offen die Freie Syrische Armee und Al-Nusra-Front, deren Nachfolgeeinheiten und sonstige militärische Formationen. Die türkische Seite, das reguläre Militär und Milizen, kämpfen gegen kurdische Formationen und den regulären und verbündeten Kräften von Damaskus, die von Russland in erster Linie Feuerunterstützung aus der Luft erhalten und in militärischer Hinsicht beraten werden.

Um direkte Zusammenstöße zwischen regulären türkischen und syrischen Truppen zu vermeiden, kämpft die Syrisch-Arabische Armee (SAA) gegen sogenannte «Oppositionsgruppen», «moderaten Rebellen» und «Dschihadisten», die eine asymetrische und hybride Kriegsführung im Sinne Ankaras betreiben.

In der Nacht konnte allerdings das syrische Militär einen Vorstoß erzielen, während israelische Truppen Ziele in Damaskus attackierten. Am Wochenende wurden berichte bekannt, dass türkische Soldaten Opfer russischer Luftangriffe waren. Berichte über jüngste Zusammenstöße zwischen türkischen und russischen Truppen wurden stets dementiert.

Russische und türkische Militärs stehen im ständigen Kontakt, um eine Eskalation zu vermeiden. Moskau wird darauf beharren, dass die Türkei ihre Bodentruppen auf Dauer zurückziehen wird. Soweit russische Luft- und Weltraumstreitkräfte den syrischen Bodentruppen Feuerunterstützung leisten, können auch türkische Kräfte unter russischem Bombenhagel in Mitleidenschaft gezogen werden, während die Speerspitze von Damaskus mit Panzern und Stoßtruppen weiter vorrücken.

Nach dem jüngsten Bericht vom Schlachtfeld gelang es der syrisch-arabischen Armee, die Stadt Al-Naqeer in der Nähe der dschihadistischen Festung Kafr Sijnah nach einem heftigen Kampf mit Hay’at Tahrir Al-Sham (HTS) und dem von der Türkei unterstützten Nationalen Befreiungsfront (NLF) zu erobern. Im Kampf gegen Ankara setzte Damaskus auch schwere Artillerie ein.

Der Kampf um Idlib wird letztlich am Boden entschieden, wo SAA und verbündete Milizen stets den Bärenanteil tragen. Russische Truppen sind am Boden in erster Linie als Militärpolizisten im Einsatz. Zudem befinden sich Offiziere im zivil-militärischen Einsatz. Weiters übernehmen Späheinheiten sowie Sicherungszüge wichtige Aufgaben im Syrien-Krieg.

Seit Oktober letzten Jahres haben türkische und russische Militärpolizisten gemeinsame Patrouillen durchgeführt. Die ging auf das Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinem Amtskollegen Recep Tajip Erdogan zurück, was nachhaltig darauf abzielt, dass Damaskus die vollständige Souveränität wiedererlangt.

Nachdem syrische Truppen in Kämpfe um Idlib verwickelt sind, verstärkt die Türkei ihr Truppenkontingent in Syrien. Dabei wird auch schweres Militärgerät wieder über die Grenze geschaffen, was Moskau unter Verweis auf die Sotschi-Vereinbarung monierte, News Front berichtete gestern hierüber.

Die Türkei startete im Zuge der Sotschi-Gespräche eine großangelegte Militäroperation in Syien, die unter dem Codenamen «Friedensquelle» bekannt wurde, die sich auf die kurdischen Gebiete konzentrierte. Es soll es wieder ein Gipfel-Treffen zwischen Putin und Erdogan stattfinden, dessen Datum bis dato nicht feststeht und zwischen Moskau und Ankara abgestimmt wird.

Spätestens dann, dürfte sich eine dauerhafte Lösung ergeben. Aufgrund der komplizierten Lage und deren ständiger Änderung verbieten sich konkrete Vorhersagen auf ein Treffen mit bislang unbekannten Datum.