Die Bundeswehr schafft es einfach nicht mehr aus den Negativschlagzeilen herauszukommen, seitdem die einstige Vorbildtruppe der NATO die Wehrpflicht ausgesetzt hat. Neben großen Problemen bei der Nachwuchsgewinnung, sollen Flugzeuge, Schiffe und Waffensysteme nur zu einem Bruchteil einsatzbereit sein.
Von 140 Eurofighter-Kampfjets sollen nur zehn Kampfjets einsatzbereit sein. Also ein Vierzehntel des gesamten Bestandes, der mehrere Milliarden an Steuergeldern verschlang. Diese erschreckende Zahl wurde nicht vom Bundesverteidigungsministerium verkündet, sondern sind das Ergebnis von Recherchen der öffentlich-rechtlichen ARD, die sich auf Angaben des Verteidigungspolitikers Tobias Pflüger von der Bundestagsfraktion Die Linke in einem Interview mit Report Mainz. Auf Nachfrage des Magazins wollte sich das Verteidigungsministerium nicht äußern. Dort gab man letzte Woche noch stolz bekannt, dass Spanien dem Projekt Future Combat Air System, welches den Eurofighter künftig ablösen soll.
Im Rüstungsbericht wird das Eurofighter-Projekt, ein Projekt der NATO-Staaten Großbritannien, Italien, Deutschland und Spanien als «das Rückgrat der Luftwaffe zur Erfüllung der nationalen und der Bündnisverpflichtungen» bezeichnet. Sollte sich allerdings Pflügers Schätzung bewahrheiten, so wäre das ein weiterer Skandal, nachdem die Bundeswehr bereits im Rahmen der Berater-Affäre in die Kritik geraten ist. Das Eurofighter-Projekt geriet schon in der Anfangsphase im Jahre 2003 in die Kritik, weil bereits damals durch den Bundesrechnungshof festgestellt wurde, dass Mängel des Eurofighters so gravierend waren, dass Kosten in Höhe von 3,7 Milliarden Euro benötigt werden, um den Flieger einsatzbereit zu bekommen.
«Die Entwicklung weist insgesamt so große Rückstände auf, dass eine sinnvolle operationelle Nutzung in absehbarer Zeit ausgeschlossen ist», schreiben die Prüfer. Für die ersten acht von 180 noch auszuliefernden Maschinen der Luftwaffe habe nicht einmal die anfängliche operationelle Freigabe erfolgen können», hieß es damals im Bericht. Über die Jahre hinweg wurden immer wieder Pannen beim Eurofighter Typhoon beklagt. Im Jahre 2020 dürfte sich der Kampfjet allerdings auch nicht mehr als Erfolgsgeschichte verkaufen. Zu viel Geld für wenig Einsatzbereitschaft.
Auch in der Marine werden gravierende Mängel beklagt. Veraltete Schiffe und Waffensysteme werden im ARD-Report beschrieben. Der Zustand vieler dieser Rüstungsprojekte sei «vollkommen desolat», so Pflüger gegenüber den Reportern. Fregatte F125 soll im Kampf gegen Piraten eine zentrale Rolle spielen, eignet sich allerdings nur als Schulschiff. Waffensysteme seien nicht einsatzbereit. «Ein Trauerspiel», so beschreibt es Tobias Lindner von den Grünen. Auch der Seefernaufklärer P-3C Orion gilt als Auslaufmodell, welches mit veralteter Militärtechnik ausgestattet ist.
Lindner und Pflüger sind Oppositionspolitiker und grundsätzlich kritisch gegenüber der Regierung, die zwar in Berichten und Weißbüchern die Bundeswehr positiv verkaufen will, aber die Realität zeichnet oftmals beim Thema Deutsches Militär ein anderes Bild. Es wurden millionenschwere Werbekampagnen gestartet, um Nachwuchs zu gewinnen. Die Wehrpflicht wurde unter Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg ausgesetzt. Der CSU-Politike hatte zwischen 2009 und 2011 in fasst allen Bereichen der Bundeswehr Reformen eingeleitet, die zu personellen Einschnitten geführt haben. Die Wehrpflicht, die sich für die Nachwuchsgewinnung bewährte, sollte durch Freiwillige ersetzt werden, was nicht gelungen ist.
Auch der fortgeführte Sparkurs von seinem Nachfolger Thomas de Maziere, sorgte dafür dass die Bundeswehr massive Engpässe bei der Beschaffung von Ersatzteilen zu verschmerzen hat. Das wurde im Jahre 2018 bekannt, während seine Nachfolgerin Ursula von der Leyen wiederum, die Probleme im Verteidigungsministerium und in der Truppe durch externe Berater lösen wollte. Über die rechtmäßige Vergabe dieser Auftrage tagt bekanntlich ein Untersuchungsausschuss, der zwar Regelwidrigkeiten bei der Auftragsvergabe sieht, die Notwendigkeit in Frage stellt, aber die Verantwortlichen sich nicht mehr daran erinnern können, wieso, weshalb und wofür Aufträge im zweistelligen Bereich an Firmen wie McKinsey vergeben wurden.
«Bedingt einsatzbereit», war ein Artikel im Spiegel im Jahre 1962, der die sogenannte «Spiegel-Affäre» auslöste und den damaligen Verteidigungsminister Franz Joseph Strauß und zwei Staatssekretäre aus dem Amt katapultierte. Damals war die Bundeswehr mit sieben Jahren noch in den Kinderschuhen. Wenn man heute alle Negativberichte über die Bundeswehr auf die Goldwaage legen würde, wäre die Bundeswehr 58 Jahre später mit «bedingt» noch gelobt.
Deutschland will seit Jahren wieder militärisch ein Global Player sein, aber steht vor immer mehr Problemen als noch vor zehn Jahren. Und es kommt einem so vor, als würden die Probleme erst die Spitze des Eisbergs sein.