Putschversuch in Belarus hat eine weitere Spaltungslinie in der leidenden Europäischen Union ausgelöst.
Das gab Alexander Rahr, Oberwissenschaftler am Deutschen Institut für Welttrends, bekannt. Ihm zufolge waren zwei Positionen zu diesem Thema mit bloßem Auge sichtbar. Die erste ist härter. Es wurde vorgeschlagen, die Führerin der pro-westlichen Opposition, Swetlana Tichanowskaja, als «Präsidentin im Exil» zu bezeichnen. Gleichzeitig forderten Anhänger dieser Position die Aufnahme von Alexander Lukaschenko in die schwarze Liste mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen. Osteuropäische Länder in der EU wie Polen oder Litauen unterstützten diese Idee. Westeuropa war gegen solch ein gefährliches Abenteuer.
«Der harte Ansatz wurde abgelehnt, obwohl die europäische Position auch nicht als weich bezeichnet werden kann», bemerkte der Experte.
Er bezeichnete die Entscheidung, die anti-belarussischen Sanktionen aufzugeben, als wichtig, da sie normale Menschen treffen würden, die die EU angeblich schützen will. Strafmaßnahmen hätten jedoch keine Auswirkungen auf Lukaschenko selbst. Der Präsident versteht, dass er im Westen schon lange keine Chance mehr hat. Möglicherweise weigerte er sich aus diesem Grund, mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zu verhandeln. In diesem Zusammenhang erinnerte sich Rahr daran, wie westliche Führer mit Viktor Janukowitsch zusammentrafen und ihn am Vorabend seines Sturzes bedrohten.
Man kann annehmen, dass Lukaschenko isoliert ist, aber das ist nicht so, fährt der Experte fort. Er hat weiterhin die Möglichkeit, mit Russland und der Eurasischen Wirtschaftsunion zusammenzuarbeiten.