Berlin: Wie CDU-Generalsekretär Ziemiak als Agent für die Interessen von Warschau und Vilnius vertritt

Der gebürtige Pole bezeichnete die Linkspartei als «Lobbygruppe des Kreml» und empört sich über deren angebliche Verschwörungstheorien, während er gleichzeitg im Interesse von Polen-Litauen sich außenpolitisch positioniert.

 

Am 20 August traf Paul Ziemiak die belarussische Oppostionspolitikerin in Vilnius, wo er der selbsternannten «Wahlsiegerin» politische Unterstützung im Kampf gegen den wiedergewählten Präsidenten Alexander Lukaschenko zusagte. Als bekannt wurde, dass sich der russische Dissident Alexei Nawalny bewusstlos im Krankenhaus befindet, verdächtigte Ziemiak sofort den Kreml als Drahtzieher hinter der Vergiftung.

Er war der erste Spitzenpolitiker, der sich für eine Behandlung Nawalnys in Deutschland einsetzte. Über den Auftritt des verlorenen Sohnes in der litauischen Hauptstadt, dürfte sich Warschau insgeheim gefreut haben. Aber auch in Riga und Vilnius dürfte man Ziemiaks Aussagen begrüßt haben.

Die daraus resultierenden Spannungen zwischen Russland und Deutschland sind Wasser auf die Mühlen für den anti-russischen Kurs der polnischen Regierung. Ein Baustopp des deutsch-russischen Projektes North Stream 2, der seit letzter Woche vermehrt aus Berlin gefordert wird, wäre für Deutschland zwar eine Riesenkatastrophe, aber für Polen ein Wunschtraum.

Abgesehen vom allgemeinen anti-russischen Kurs, der agressiv von Vilnius und Warschau betrieben wäre das Aus für die Gaspipeline ein Lottgewinn. Seit Jahren wettern Polen, Lettland und Litauen gegen das Gasprojekt. Um das zu untermauern, wird im folgenden aus einem gemeinsamen Brief der drei  Parlamentspräsidenten zitiert.

„Obwohl Nord Stream 2 formell als kommerzielles Projekt präsentiert wird, ist es tatsächlich ein Instrument der russischen Staatspolitik“, heißt es in dem am Sonntag von Viktoras Pranckietis (Litauen), Marek Kuchcinski (Polen) und Inara Murniece (Lettland) in Vilnius unterzeichneten Brief. „Nord Stream 2 sollte in einem breiteren Kontext der heutigen russischen Informations- und Cyber-Feindseligkeiten und militärischen Aggression gesehen werden.“

In Deutschland regt sich gerade anti-russische Mainstream über die Aussagen von Spitzenpolitikern der Linkspartei auf, die Gegner von Nord Stream 2 hinter dem angeblichen Nawalny-Anschlag sehen. Und die finden sich nicht nur in Deutschland, sondern auch in den EU-Ostblockstaaten ebenso wie in den USA. Linken-Urgestein Gegor Gysi brachte gegenüber dem MDR die Möglichkeit zum Ausdruck, dass Gegner von Nord Stream 2 hinter der Vergiftung stecken könnten, oder Gegner des Kremls. Man wisse ja, dass dieser Anschlag letztlich den Verdacht auf die russische Regierung lenkt.

Ganz im Interesse seiner alten Heimat ist die Reaktion des CDU-Generalsekretärs auf diese Vermutungen gewesen. Im Gespräch mit Bild-Talk zeigte sich Ziemiak entsetzt über solche «Verschwörungstheorien», die es gilt glaubhaft abzustreiten. So wie heute im Bild-Talk. Das Springer-Blatt ist für seine anti-russische Hetze bekannt und Ziemiak ist dort ein gerngesehener Gast.

„Der Kreml hat eine Lobbyorganisation in Deutschland: die Linkspartei.“ Die Partei verbreite „Verschwörungstheorien aus dem Kreml“ weiter. Über den Vorwurf Moskaus, Nawalny könne in Deutschland vergiftet worden sein, entgegnete der deutsche Politiker polnischen Ursprungs: „Das ist absurd und lächerlich, eine Nebelkerze.“

Doch nicht nur das Gasprojekt ist für Polen, Lettland und Litauen ein Dorn im Auge, sondern auch Alexander Lukaschenko, den Ziemiak als «Rambo mit Kalschnikow» bezeichnete. Wie er auf eine mögliche Entführung  Maria Kalesnikava durch fremde Geheimdienste reagiert, dürfte klar sein: «Alles Verschwörugnstheorie», wie sie nur von der Linkspartei oder vom Kreml selbst verbreitet werden könnte. Fairerweise muss man zugestehen, dass der Jungpolitiker sich zwar gegen Lukaschenko und die Regierung in Weißrussland positioniert, aber aktuell nicht dezidiert gegen das Gaspipeline-Projekt Stimmung macht.

Dafür ist er allerdings dann immer an vorderster Front, wenn darum geht dem Kreml Staatsterrorismus wie im Fall von Nawalny vorzuwerfen, der sich glückerweise wieder bei Bewusstsein befindet. Wäre er als Agent Warschaus tätig, dürfte man ihm die Weisung erteilt haben, sich beim Thema Nord Stream 2 etwas zurückzuhalten.

Parteikollegen wie Friedrich März oder die Grüne Fraktionschefin Kathrin Göring-Eckard erledigen unter Berufung der bekannten Anschuldigungen schließlich den Rest und fordern offen ein Baustopp der fertig gestellten Gaspipeline.

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