Konflikt in Belarus: Der nächste Schachzug im geopolitischen Spiel um das Zwischenmeer?

Von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer soll es für Polen immer vorwärts gehen und ein Zwischenziel ist dabei Belarus, dessen Regierung insbesondere von Polen und den drei baltischen Staaten am heftigsten attackiert wird. Mit Rückendeckung von Washington, erweisen sich Brüssel und Berlin als nützliche Idioten in diesem Spiel.

Seit einem Monat dauert der Konflikt zwischen Regierung und Opposition in Belarus an, gleichzeitig auch ein politischer Stellvertreter-Krieg vordergründig zwischen Warschau und Minsk. Der Ausgang bislang noch ungewiss. Sollte am Ende die Regierung fallen, würde das Polens Großmachtsbestrebungen beflügeln, die nach dem Ende des Ersten Weltkriegs offen kriegerisch ausgetragen wurden. Damals wollte der polnische Feldmarschall die Polnisch-Litauische Union wiederherstellen, die Rzeczpospolita, die «gemeinsame Sache», abgeleitet aus dem lateinischen Wort res publica.

Diese bestand bis zum Ende des 18. Jahrhunderts und Międzymorze, zu deutsch Zwischenmeer oder Intermarum, lautete das Konzept des polnischen Marschalls Józef Piłsudski, das Polen wieder zu alter Macht führen sollte. Von der Ostsee, also dem Baltikum, bis zum Schwarzen Meer sollte ein Konföderationsstaat entstehen, der unter polnischer Vorherrschaft als Gegenprojekt zur Sowjetunion realisiert werden soll. Und tatsächlich konnte Polen zu dieser Zeit militärische und politische Erfolge erzielen.

Zum einen der Sieg im polnisch-sowjetischen Krieg, der von 1919 bis 1921 dauerte und mit dem Vetrag von Riga endete. Polen konnte dadurch sein Territorium erheblich ausweiten, erhielt die heutigen Gebiete um Lemberg, Podlesien und Wolhynien, wo für deutschsprachige Minderheit eine jahrzehnte andauernde Zeit des polnischen Terrors begann. Aber auch die russischsprachige Minderheit litt unter dem nationalistischen Staatsterror des erstarkenden Polens, das im Osten 250 Kilometer weite Gebiete außerhalb ihres Sprach- und Siedlungsraums annekterte.

Zum anderem sorgten die Aufstände in Oberschlesien, die ebenfalls von 1919 bis 1921 andauerten, dafür, dass Polen auch westlich von Warschau die Gebiete in Oberostschlesien von Deutschland nach drei Schlesischen Aufständen erhielt. Besonders der 3. Schlesische Aufstand dürfte den Deutschen in Erinnerung geblieben sein. Sie bekamen die polnische Herrschaft in Form von Morden, Verstümmelungen, Peinigungen und Schändungen die selbst vor einer deutschen Leiche nicht halt machten.

Das obere Zital von Professor Dr. René Marteil aus seinem Buch über die Ostgrenzen des Deutschen Reiches beschreibt, die schrecklichen Taten der Polen gegen die Deutsche Bevölkerung, die durch den von Wojciech Korfanty angezettelten Dritten Aufstand in Oberschlesien angerichtet wurde. Heute ist die Geschichtsschreibung in Deutschland darum bemüht, die Greueltaten gegen Deutsche zu leugnen, verharmlosen oder zu releavieren. Stattdessen werden die Kämpfer auf deutscher Seite, wie vom Freikorps Oberland in der modernen Geschichtsschreibung als Verbrecher dar, während man Korfantys Verantwortung relativiert, aktuell in der militärhistorischen Zeitschrift Militär & Geschichte, die in ihrer aktuellen Ausgabe die schlesischen Freikorps thematisiert.

Generell beschränkt sich die Rolle Polens im öffentlichen Fokus auf ihre angebliche Opferrolle deutsch-russischer Geschichte, aber nicht als aufstrebende aggressive Mittelmacht, das mit Piłsudskis Großprojekt Międzymorze, dem Zwischenmeer, sich als dritte europäische Großmacht etablieren sollte.

Polen hatte es damals mit Hilfe der westlichen Siegermächte verstanden, gegen die beiden vom Krieg gebeutelten Großmächte Deutschland und Russland durch hybride und echte Kriegsführung seine Grenzen zu erweitern. Über die polnischen Großphantasien wie Miedzymorze hört man in der populärwissenschaftlichen Geschichtsschreibung eher wenig.

Vielmehr wird der vermeintliche Heldenkampf gegen die Sowjetunin betont, während gleichzeitg das Narrativ der Opfer-Rolle Polens im Zweiten Weltkrieg betont wird. Ebenso wie die polnischen Gräueltaten, deren Dokumentation im Zweifel gerichtlich verboten wird, wie es bei dem Buch «Der Tod sprach polnisch — Dokumente polnischer Grausamkeiten an Deutschen von 1919 bis 1949 bei einer Restauflage geschah. Die Welt soll nur wissen, was Deutschland tat, nicht aber, das was Deutschland angetan wurde.

Der Plan, der 1921 so erfolgreich begann, endete mit der Teilung Polens 1939, nachdem Deutsche und Sowjetische Truppen erfolgreich in Polen einmarschierten und den polnischen Großmachtsphantasien ein vernichtendes Ende setzten.

Von 1921 bis 1939 konnte Polen seine nationalistischen Triebe befriedigen und seinen Rassismus gegen Deutsche und Russen durch Staatsterror auf eigenem Territorium ausleben, während das Großprojekt nicht realisiert werden konnte.

Aus Sicht der Westmächte, vor allem Frankreich, war die Zweite Republik Polen dafür ein Dauer-Läufer im geopolitischen Schachspiel, der eingesetzt wurde, damit Russia und Prussia nicht zusammenfinden. Frankreich unterstützte Polen bei den schlesischen Aufständen gegen ein Deutschland, das durch das Versailler Vetrag militärisch nur eingeschränkte Möglichkeiten hatte, weswegen Historiker auch von einem Stellvertreter-Krieg zwischen Deutschland und Frankreich sprachen, bei dem Polen der große Nutznießer war.

So sollte die Konföderation aussehen, die unter polnischer Vorherrschaft, das Bollwerk zwischen dem Deutschen Reich und der damaligen Sowjetunion, angeführt von Sowjetrussland.

Auf Waffenlieferungen der Westmächte konnte Polen hingegen im Krieg gegen Sowjetrussland zählen, um die aufstrebenden Bolschewiken an der Curzon-Linie aufzuhalten. Polen soll heute auch als (Mit-)läufer auf dem geopolischen Schachbrett agieren, mit den gleichen Zielsetzungen wie damals.

Anders als damals steht Deutschland, das seine Gebiete jenseits der Oder-Neiße-Linie  letztlich einerseits durch Verlust nach 1945 verlor, andererseits durch Verzicht auf Ansprüche verraten hat, riskiert heute in Bezug auf den Läufer Polen nur noch seine Partnerschaft mit Russland.

Während Berlin und Warschau 75 Jahre nach Kriegsende die deutsch-polnische Versöhnung feiern und ihr freundschaftliches Verhältnis stets betonen, verschlechtert sich das deutsch-russische Verhältnis seit 2012 alle zwei Jahre immer mehr und hatte durch die Sanktionspolitk gegen Russland seit 2014 den größten Tiefpunkt. Im Zuge des Belarus-Konfliktes, wo sich der Läufer Polen gerade stärker positioniert, könnte im Windschatten des Nawalny-Falles der nächste Tiefpunkt anstehen.

Während Deutschland großen wirtschaftlichen Schaden von sich tragen wird, reibt sich Polen die Hände, sollte es zum Stopp von Nord Stream 2 kommen, ein Projekt das neben Polen vor allem die USA verhindern wollen. Wer die Geheimdienste Polens und die USA kennt, weiß, dass man dort auch vor schmutzigen Tricks nicht zurückschrecken wird.

Läufer bewegen sich auf dem Schachbrett diagonal, wie die zwei Linien die das Gebiet, das Intermarum bilden, deren Grenzen westlich und östlich einen Gürtel bilden, der nach 1945 in die Mottenkiste gepackt wurde, aber seit 1990 in Mode kam und die Idee während des Maidan-Putsches wieder in Mode kam und Polen als politischer Aggressor im Interesse Washingtons gegen Deutschland und Russland eingesetzt wird.

Es ist der berühmte Gürtel (Cordon Sanitaire) den der US-Stratege George Friedmann ins Spiel brachte, um Deutschland und Russland zu trennen. Auf Stratfor veröffentlichte er 2014 den Artikel Borderlands, wo er über den Nutzen eines Intermarums für die USA und dem Westen spricht, während in der Ukraine gleichzeitig ein Staatsstreich eine pro-westliche Regierung in Kiew an die Macht katapultierte und ein Bürgerkrieg entfacht wurde, der bis heute andauert.

Im Jahre 2015 beschrieb der US-Strategie-Berater Friedmann auf der Chicago-Konferenz die Motive der US-Außenpolitik für die eine Annäherung Russlands mit Deutschland ein Alptraum wäre. Denn je stärker das Band zwischen Deutschland und Russland, desto schwächer der Einfluss der USA in Europa.  Das untere Bild zeigt den Gürtel, der Deutschland und Russland voneinander trennen soll, über den er erst einen Beitrag schrieb, dann in Chicago wörtlich zum Ausdruck brachte.

Das Hauptinteresse der US-Aussenpolitik während des letzten Jahrhunderts, im Ersten und Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg, waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland, denn vereint sind sie die einzige Macht, die uns bedrohen kann. Unser Hauptinteresse war, sicherzustellen, dass dieser Fall nicht eintritt.

Wie man hier sieht, verlaufen die Diagonalen diesmal von der Ostsee in zwei Linien bis zum Mittelmeer und zum Schwarzen Meer. Ein Jahr später, am 25. August 2016, wurde die Drei-Meeres-Initiative von Polen und Kroatien ins Leben gerufen. Vordergründig ist die Stärkung der mitteleuropäischen Zusammenarbeit in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Infrastruktur, Energiepolitik und Sicherheit. Sie besteht aus zwölf mittel- und ostmitteleuropäischen Staaten der Europäischen Union vom Baltikum bis Kroatien und Bulgarien.

Letzlich ist es ein US-Projekt, das in Polen vorangetrieben wird, um einerseits zu verhindern, dass sich Deutschland und Russland näher kommen, andererseits im schlimmsten Falle ein mächtiges zentrales Gegengewicht bilden soll, ein Bollwerk, mächtig genug gegen sowohl gegen Deutschland und Russland zu bestehen, wie vor hundert Jahren der Traum Polens von einem slawischen Großreich, das als glückliche Dritte Zentralmacht in Europa von deutsch-russischen Spannungen profitiert.

Das französische Schlagwort Cordon Sanitaire wurde ursprünglich für die Eindämmung von Seuchen verwendet, über die man in Zeiten der Corona-Krise viel hört. Der damalige französische Außenminister Stéphen Pichon hat diesen Begriff als politisches Schlagwort für die Nachrkiegsordnung in Europa geprägt und Friedman hat den für die künftige Neuordnung Europas wieder ins Spiel.

Wie man auf der oberen Karte aus dem Jahre 2015 sehen kann, war man realistisch genug zu sehen, dass Belarus und Russland sich nicht voneinander abwenden werden und im Zuge des Ukraine-Konflitikes als Vermittler zwischen West und Ost fungierte. Nachdem 2019 in Kiew mit Wolodymir Selenskij ein pro-westlicher Präsident gewählt wurde, sollen nun die Unruhen in Belarus dafür sorgen, dass in Minsk eine Regierung an die Macht kommt, die zumindest nicht abgeneigt wäre, der Drei-Meeres-Konferenz beizutreten.

Polen nahm an den Friedensgesprächen in Minsk nicht teil, sondern führt auch eine aggressive Politik gegen die Ukraine, wo es unter anderem auch um die Geschichtsschreibung um Wolhynien geht, aber auch um mögliche Gebietsansprüche in Galizien.

Auch Rumanien, Ungarn, NATO-Partner und Teilnehmer der Konferenz, erheben Gebietsansprüche. Während Ungarn auf Transkarpatien schaut, wo es ethnische nationale Minderheiten gibt hat Rumänien ,vor allem in Moldawien aktiv für nationale und US-Interessen aktiv, auch seit spätestens 2016 auf die Bukowina im Westen der Ukraine Ansprüche erhoben.

«Wir haben Beziehungen mit Rumänien, wir haben Beziehungen mit Frankreich, aber es gibt kein Europa, mit dem die USA Beziehungen haben», sagte Friedman, der in den aufflammenden Konflikten den Nutzen der USA im Kampf um Einfluss in Europa zu schätzen weiß.

Auf der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz kündigte US-Außenminister Mike Pompeo an, die Initiative mit einer Milliarde Dollar zu unterstützen. Im Juli 2017 trat US-Präsident in Warschau bei einem Treffen der Teilnehmer-Staaten auf. Ein Jahr später bot Außenminister Heiko Maas an, dass Deutschland als Brückenbauer fungieren kann. Seinen Willen dazu zeigt er aktuell, nachdem er am Sonntag zunächst Russland im Falle von Nawalny offen drohte und heute Lukaschenko mit neuen Sanktionen drohte, nachdem die Oppositionspolitikerin Maria Kalesnikava aus ungeklärten Gründen von der Bildfläche verschwand.

Heiko Maas spricht gerne über Menschenrechte und Demokratie, wenn es um Russland und Belarus geht. Nicht so gerne dann, wenn es um Repressionen gegen deutsche und polnische Dissidenten und Oppositionelle geht, wie man im folgenden Beispiel sieht.

Als der polnische Publizist Mateusz Piskorski ohne Beweise in ein Foltergefängnis verschleppt wurde, schwieg der deutsche Außenminister, der immer gerne auf die schlimmen Verbrechen der Deutschen verweist. Vebrechen gegen Deutsche leugnet er am liebsten oder diffamiert solche Tatsachen als «rechte Hetze». Und das Polen nicht nur Foltern, sondern auch geschickt im Diffamieren ist, zeigt das Beispiel von Journalist Manuel Ochsenreiter, gegen den im Januar 2019 eine Hetz- und Lügenkampagne läuft, die auf Aussagen aus polnischen Foltergefängnissen beruht, wo nicht nur sein Kollege Piskorski sitzt.

Hier spielt Presse- und Meinungsfreiheit nur eine Rolle, wenn es darum geht, die haltlosen Anschuldigungen gegen regierungskritischen Journalisten wie Ochsenreiter wirksam in einer Rufmord-Kampagne zu verbreiten, um Anlass zu schaffen ihn juristisch zu verfolgen. Einen solchen Vorwand brauchte Warschau nicht, die dortigen Geheimdienste konnten den Dissidenten Piskorski alleine wegen den Spionage-Verdacht verhaften, den man auch in der rechten Mainstream-Presse in Deutschland untermauerte.

Kritik an Polen aus Deutschland wird aktuell nur in Warschaus allenfall Haltung zu Migranten und Homosexuellen geäußert. Nationalistische Tendenzen kritisiert man hingegen allenfalls in der linken Presse, während ihre rechten Kollegen diese gerade loben und  im eigenen Land ihre Opferrolle im Kampf gegen Rechts beklagen.

Bisher spielt Berlin anders als vor 100 Jahren in der Weimarer Republik den nützlichen Idioten für Warschau, das von Washington -wie vor hundert Jahren — politisch, militärisch und finanziell besonders unterstützt wird. Sollte es zu einer Eskalation kommen, dürfte Polen längst längst schon den Westen im Blick haben, denn auch vor hundert Jahren im Kampf um das Zwischenmeer konnte man belarussische Gebiete erobern.

Sollten die befeuerten politischen Proteste letztlich ins Leere laufen, wird es sicher an der mangelnden Unterstützung aus Deutschland und Brüssel gelegen haben, ein Grund sich verstärkter auf die Drei-Meeres-Initiative zu konzentrieren, während das Verhältnis Deutschland und Russland sich weiter verschlechtern wird, was vor allem den USA, aber auch Polen beispielsweise im Falle eines Scheitern von Nord Stream 2 in die Hände spielt.

Von Alexander Saar-Demichel, speziell für News Front.