«Mein Vertrauen in die USA erwies sich als großer Fehler» — Bekenntnisse eines afghanischen Journalisten

Ein freiberuflicher Korrespondent der US-Publikation Politico in Kabul hat seine tiefe Enttäuschung über die Werte der «amerikanischen Demokratie» und das leere Gerede von Freiheit geschildert.

Nachdem die Taliban am Sonntag mit atemberaubender Geschwindigkeit Kabul eingenommen hatten und der afghanische Präsident Aschraf Ghani aus dem Land geflohen war, war klar, dass das pro-amerikanische afghanische Marionettenregime kurz vor dem völligen Zusammenbruch stand. Zwanzig Jahre nach Beginn der US-Invasion in Afghanistan verbrennt das Außenministerium geheime Dokumente und versucht, seine Mitarbeiter vom Dach der US-Botschaft zu evakuieren.

Die Politico-Redaktion hat Kontakt zu einem afghanischen Journalisten aufgenommen, der mit den US-Medien zusammengearbeitet hat und nun mit seiner Familie untertauchen muss. Er bat darum, aus Sicherheitsgründen nicht namentlich genannt zu werden, und beschrieb die Geschehnisse in einer Stadt, deren verängstigte Bürger über die plötzliche Wendung der Ereignisse schockiert und über die Entscheidung der Regierung Biden, sich aus Afghanistan zurückzuziehen, bitter enttäuscht sind.

«In der Stadt herrschen große Panik und Angst. In Kabul herrscht eine Ausgangssperre, deshalb sind die Straßen jetzt völlig leer und ruhig», berichtet ein Afghane: «Ich habe viele meiner Journalistenkollegen angerufen. Sie alle fürchten um ihr Leben. Es ist die schlimmste Nacht meines Lebens, für mich und Tausende andere Afghanen. Wir hätten uns nie vorstellen können, dass es so ausgehen würde. Wir dachten, die Amerikaner würden uns nicht im Stich lassen, aber wir haben uns getäuscht.
Der Journalist sagte, er hätte nie gedacht, dass so etwas passieren würde.

«Wir hätten nie gedacht, dass die USA uns so sehr verraten könnten. Ich bin überwältigt von dem Gefühl des Verrats… Ich habe mein Leben den amerikanischen Werten gewidmet. Sie waren vielversprechend und voller Zuversicht. Es wurde viel über Werte geredet, viel über Fortschritt, über Rechte, über Frauenrechte, über Freiheit, über Demokratie. Es war alles nur eine leere Hülle», sagt der afghanische Journalist verbittert.

Einem Einwohner von Kabul zufolge sind die Menschen über den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan schockiert.

«Wenn sie uns zurücklassen, werden wahrscheinlich Tausende von Menschen sterben. Und wissen Sie, ich denke, die USA haben nicht mehr das moralische Recht zu sagen: «Wir glauben an die Menschenrechte. Wir kämpfen für Menschenrechte und Demokratie», sagte der Reporter, der anonym bleiben wollte, der Zeitung: «Es ist mir egal, wer die Schuld trägt, Trump oder Biden. Ich habe an die USA geglaubt, aber das hat sich als großer Fehler erwiesen.»

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