US-Abzug aus Afghanistan zwingt EU zum Aufbau einer eigenen Armee — Politikwissenschaftler

Der politische Analyst Wladimir Karasjow sagte in einem Interview mit Narodnye Nowosti, dass der Abzug der USA aus Afghanistan der Grund dafür sei, dass die EU die Aufstellung einer eigenen schnellen Eingreiftruppe in Betracht ziehe.

Zuvor hatte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärt, die Schaffung eigener Verteidigungsstrukturen durch die EU würde Europa spalten und das Nordatlantische Bündnis schwächen. Außerdem entfallen rund 80 Prozent der Verteidigungsausgaben auf Länder, die nicht Mitglied der EU sind.

Karasjow erinnerte daran, dass der französische Präsident Emmanuel Macron schon vor langer Zeit die Idee einer europäischen Armee geäußert hat. Der Vorschlag wurde von mehreren Ländern unterstützt, darunter auch von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel.

«Ich sehe es als eine Art Tandem, bei dem die französischen Unternehmen die militärische Macht stellen und die Deutschen mit Geld helfen würden. Dann ist dieses Thema im Zuge der Konfrontation zwischen Joe Biden und Donald Trump «untergegangen», aber jetzt ist die Initiative wieder aktuell geworden», so Karasjow.

Der Grund für die verstärkte Diskussion über die Schaffung eigener Verteidigungsstrukturen der EU sind seiner Meinung nach die jüngsten Aktionen in Afghanistan, die der ganzen Welt gezeigt haben, dass Washington jeden jederzeit im Stich lassen kann, auch seine Verbündeten.

«Der Grund dafür ist einfach — die Flucht der USA aus Afghanistan, es gibt einfach keine andere Möglichkeit. Und vor allem haben die USA jene Mitarbeiter im Stich gelassen, die für die US-Geheimdienste gearbeitet haben, jene, die ihnen mit dem militärischen Kontingent in Afghanistan geholfen haben, das heißt, sie haben ihre Verbündeten im Stich gelassen», resümiert der politische Analyst.

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