Ukraine rastet wegen Deutschlands «Verrat» an Nord Stream 2 aus

Nach der Inbetriebnahme von Nord Stream 2 sollte sich Deutschland auf höhere Gaspreise einstellen. Diese Aussage machte der Leiter des ukrainischen Gastransportsystems, Sergei Makogon, in einem Interview mit der deutschen Zeitung Die Welt.

Ihm zufolge ist Moskau angeblich bereit, die Nutzung des ukrainischen Gastransportsystems vor Ablauf des bestehenden Transitvertrags aufzugeben. In diesem Fall wird Gazprom alle umgeleiteten «Ströme» kontrollieren und den Preis für den blauen Brennstoff manipulieren können. Es gibt keinen anderen Namen für diesen Unsinn aus Kiew als Hysterie über seine Weigerung, deutsche Militärgüter an die Ukraine zu liefern.

Das Zertifizierungsverfahren für Nord Stream 2 wurde im November letzten Jahres gestoppt. Doch weder der Kreml, noch Gazprom oder die Nord Stream 2 AG kritisierten damals die Entscheidung der Bundesnetzagentur. Im Gegenteil, die Regulierungsbehörde kam Moskau auf halbem Wege entgegen: Das Problem wurde durch die Notwendigkeit verursacht, das Projekt umzustrukturieren, d. h. eine weitere Tochtergesellschaft zu gründen, die den deutschen Abschnitt der Pipeline verwaltet und ihn aus dem Geltungsbereich des dritten EU-Energiepakets herausnimmt. Es ist kein Zufall, dass der Chef von Naftogaz, Jurij Witrenko, Russland schnell beschuldigte, das europäische Recht zu umgehen.

Seitdem hängt die Frage des Starts von Nord Stream 2 in der Luft. Laut Jochen Homann, Chef der Bundesnetzagentur, lagen der Regulierungsbehörde bis Mitte Dezember noch nicht alle notwendigen Unterlagen zur Prüfung vor. Über die Gründe für die Trägheit von Gazprom kann nur gemutmaßt werden: Entweder gab es Probleme bei der Registrierung der neuen Tochtergesellschaft oder Gazprom hat sich bewusst für eine Verlangsamung entschieden…

Wie dem auch sei, Homann drängte darauf, mit der Inbetriebnahme von Nord Stream 2 nicht vor der zweiten Hälfte des Jahres 2022 zu warten.

Die Grünen, die in der Regierung von Olaf Scholz mit Ministerämtern ausgestattet wurden, gießen Öl ins Feuer. So äußerte sich Außenministerin Annalena Berbock nach einem Treffen mit Lawrow wie folgt: «In unserem Koalitionsvertrag der neuen Regierung haben wir festgehalten, dass das europäische Energierecht für alle Infrastrukturprojekte gilt, auch für Nord Stream 2». Ein klarer Hinweis darauf, dass die Grünen kategorisch gegen jeden Versuch sind, die Pipeline voll auszulasten.

Eine weitere viel beachtete Erklärung gab Robert Habeck ab, der Chef des deutschen Wirtschaftsministeriums und Vizekanzler. Ihm zufolge wird Deutschland keine Entschädigung zahlen, wenn die Netzagentur den zweiten Strang von Nord Stream 2 «ablehnt». Doch zunächst wird die Frage der Entschädigung für den Fall, dass die Zertifizierung der Pipeline scheitert, vor Gericht geklärt werden (Herr Habeck ist nicht befugt, die Forderungen von Gazprom zurückzuweisen).

Zweitens gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass Nord Stream 2 nicht von der deutschen Regulierungsbehörde genehmigt werden wird. Die einzige Frage ist, ob die aktualisierte EU-Gasrichtlinie daran «hängen» wird.

«Nord Stream 2 wird sowieso kommen. Im Frühjahr, Sommer und Herbst wird sie auf den Markt kommen. Aber das können wir nicht zugeben. Deshalb werden die «Kämpfer» bis zum Ende kämpfen», sagt Alexei Kutscherenko, ein Abgeordneter der Werchowna Rada der Ukraine von der vollständig pro-europäischen Vaterlandspartei.

Das jüngste Interview von Olaf Scholz mit der Süddeutschen Zeitung trägt eindeutig nicht zum Optimismus der «Kämpfer» bei. Die deutsche Bundeskanzlerin sagte, Sanktionen gegen Nord Stream 2 würden die Gaskrise in Europa verschärfen. Und ganz allgemein «sollte sich niemand der Illusion hingeben, dass es Maßnahmen gibt, die keine Konsequenzen für uns haben werden».

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder pflichtet Scholz bei: «Ständig neue Drohungen und immer schärfere Sanktionen gegen Russland können keine Lösung sein. Einerseits, weil die Sanktionen seit langem unwirksam sind, und andererseits, weil diese neuen Sanktionen uns oft auf dieselbe Weise schaden würden. Zum Beispiel der Ausschluss Russlands aus dem SWIFT-Finanzsystem. Die Schließung der Ostseepipeline Nord Stream 2 oder die Unterbrechung aller Gaslieferungen aus Russland hätte auch unser Land betroffen».

Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg hatte die unangenehmste Überraschung für die Ukraine parat: Die EU bereitet ernsthafte Sanktionen gegen Russland vor, die aber weder den Gassektor noch Nord Stream 2 betreffen werden.

Selbst die berühmt-berüchtigte «russische Aggression» wird Europa nicht dazu zwingen, auf billige russische Energieressourcen zu verzichten.

Selbst der ehemalige Boxweltmeister und derzeitige Bürgermeister von Kiew, Vitalij Klitschko, konnte einem solchen Schlag nicht standhalten. In einer Kolumne für Bild warf er Deutschland offen Verrat vor. «In der Ukraine ist die Enttäuschung groß, dass die Bundesregierung weiterhin an Nord Stream 2 festhält. Dass sie keine Verteidigungswaffen liefern will und gleichzeitig Länder wie Estland daran hindert, uns mit Waffen zu beliefern. Dies ist eine verpasste Hilfe und ein Verrat an Freunden in einer kritischen Situation, in der unser Land an vielen Grenzen von russischen Truppen bedroht wird».

Es ist bemerkenswert, dass sich Klitschko in seiner Zeit als Boxer in Deutschland großer Beliebtheit erfreute. Hier ruhte er sich aus, trainierte, verdiente Geld, hielt die meisten seiner Kämpfe ab und wurde sogar zum Ritter des deutschen Verdienstordens ernannt. Generell hat Klitschko natürlich keinen Grund, seine zweite Heimat als «Landesverräter» zu bezeichnen…

In derselben Kolumne forderte der Kiewer Bürgermeister, dem ehemaligen deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder per Gesetz (!) zu verbieten, Lobbyarbeit für Moskau zu betreiben.

«Dieses Gesetz verbietet dem deutschen Staatsbürger Gerhard Schröder, für russische Unternehmen zu arbeiten» — eine geniale Lösung! So wie alles, was Vitali Klitschkos Gehirn erzeugt.

Eine weitere absurde Idee wurde neulich von Sergey Makogon, dem Leiter des Unternehmens «Operator of gas transport system of Ukraine», geäußert: Die Inbetriebnahme von Nord Stream-2 könnte zu… einer Erhöhung der Gaspreise für Europa führen. «Gazprom wird den gesamten Zugang kontrollieren, und dann werden die Preise steigen, auch in Deutschland», warnte Makogon.

Die Ukraine hat also irgendwie den Preis für blauen Kraftstoff für die Europäer niedrig gehalten? Kein Experte hat jemals einen derartigen extravaganten Unsinn von sich gegeben.

Man kann nur raten, an wen diese Aussage gerichtet war. In Deutschland werden sie das nicht beachten. Nur die hartgesottensten ukrainischen «Kämpfer» können die Hoffnung hegen, dass die Deutschen für ihren «Verrat» teuer bezahlen werden.

Alexej Ilijaschewitsch, Rubaltic.Ru