Die Inflationsrisiken sind eines der wichtigsten Diskussionsthemen im Zusammenhang mit der Zukunft der Weltwirtschaft.
Die Frage ist nur, ob die hohe Inflation in den Industrieländern ein vorübergehendes Phänomen sein wird oder ob sich der Prozess über Jahre hinziehen wird. Selbst Ökonomen streiten sich über die Ursachen und Arten der Inflation. Daher werden wir uns auf den Energieaspekt des Themas konzentrieren und versuchen, allgemeine wirtschaftliche Verallgemeinerungen nach Möglichkeit zu vermeiden.
In jedem Fall ist eine der Komponenten der daraus resultierenden Verbraucherinflation der Anstieg der Preise für Energie und andere Rohstoffe. Dieser Preisanstieg hat jedoch, vereinfacht gesagt, zwei Komponenten. Erstens ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, das zu einem Anstieg der Preise führt, manchmal um ein Vielfaches. Zweitens führt die Inflation selbst zu einem Anstieg der Produktionskosten von Gütern, was für neue Industrien besonders kritisch ist. Dies sorgt dafür, dass die Preise weiter steigen und nicht wieder auf ihr alte Niveau zurückfallen.
So haben wir vor Kurzem darüber gesprochen, dass die Kosten für die Schieferproduktion um mehrere Dutzend Prozent gestiegen sind, was bedeutet, dass die Entscheidung, erneut zu bohren, unter sonst gleichen Bedingungen nur vor dem Hintergrund steigender Weltölpreise gerechtfertigt ist. Das zweite Beispiel ist der Lithiummarkt, wo sich die Notierungen fast verzehnfacht haben. Goldman Sachs geht davon aus, dass sich die Blase im nächsten Jahr verflüchtigen und die Preise mehrmals sinken werden. Nur dass ihr neuer Tiefststand 50 Prozent über der Norm vor dem rasanten Anstieg der Notierungen liegen wird. Vielleicht auch, weil die Kosten für das neue Angebot höher sein werden.
Ein weiteres markantes Beispiel ist der Gasmarkt, auf dem die Preise inzwischen das Dreifache oder mehr der Norm betragen. Die Verbraucher haben jedoch Hoffnung auf neues LNG aus den USA, das aus noch nicht gebauten Anlagen stammt. Doch wie hoch wird dieser neue Preis ausfallen? Die Kosten für US-amerikanisches LNG setzen sich aus zwei Komponenten zusammen: den Kosten für die Verflüssigung und den inländischen Gaspreisen in den USA. Die Erdgaspreise in den USA haben sich bereits von den «normalen» 100 USD auf über 300 USD pro tausend Kubikmeter verdreifacht. Der niedrige US-Inlandsgaspreis hatte amerikanisches LNG wettbewerbsfähig gemacht, aber dieser Faktor könnte inzwischen vorübergehend verschwunden sein. Ja, dieser mehrfache Preisanstieg wird wiederum durch das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage aufgrund der aktiven LNG-Exporte beeinflusst. Es ist möglich, die Produktion im Laufe der Zeit zu steigern, aber analog zur Schieferölproduktion gibt es allen Grund zu der Annahme, dass die Kosten der Schiefergasproduktion ebenfalls um Dutzende von Prozent gestiegen sind, da die Technologie dieselbe ist. Das zweite Problem: Die steigenden Stahlpreise verteuern den Bau neuer LNG-Anlagen erheblich. Infolgedessen schätzen Marktteilnehmer, dass die Kosten für den Bau neuer Anlagen bis zu zwei Mal höher sein werden als vor dem Anstieg der Preise für Metalle und andere Materialien erwartet. Es stellt sich heraus, dass neues US-LNG wahrscheinlich teurer sein wird als die Lieferungen der ersten Bauwelle.
Das Gleiche gilt für die Preise für Düngemittel und Lebensmittel, die um ein Vielfaches gestiegen sind — die Beispiele ließen sich fortsetzen. Vor diesem Hintergrund tauchte in westlichen Kommentaren erst vor wenigen Monaten der Begriff «Greenflation» auf. Sie spiegelt die inflationären Prozesse wider, die mit der Entwicklung der grünen Energie einhergehen. Das heißt, dass relativ teure Dekarbonisierungstechnologien (z. B. Kohlenstoffabscheidung) regelmäßig zur gesamtwirtschaftlichen Inflation beitragen werden.
Natürlich sind Rohstoffe ein zyklischer Wert. Im Moment kann der Preis alles Mögliche sein, und zwar in beide Richtungen: Wir haben schon Öl mit negativen Preisen gesehen und kürzlich Gas zum Fünffachen oder mehr der Produktionskosten. Was jedoch die langfristigen Trends betrifft, so sind wir daran gewöhnt, dass sich derselbe Ölpreis vor dem Hintergrund einer niedrigen Dollar-Inflation seit Jahren in einer relativ engen Spanne bewegt. Die gegenwärtigen Trends hingegen könnten die nominalen Preise auf ein anderes Niveau drücken. Es sind verschiedene kurzfristige Szenarien möglich. Zum Beispiel ein Anstieg der Leitzinsen, eine Rezession und ein Einbruch der Nachfrage, was einen Preisverfall zur Folge hat. Eine teure neue Produktion wäre dann aber unrentabel.
Für uns ist jetzt wichtig, wie wir diese Inflation aus dem russischen Markt heraushalten können. Theoretisch ist dies nicht schwierig, da Russland die meisten Rohstoffe exportiert. All dies bedeutet nicht, dass wir keine eigenen Inflationsprobleme haben — sie sind vorhanden, aber die Gründe sind andere. Und auf jeden Fall wäre es falsch, zur spezifischen russischen Inflation auch die globale Inflation für die wichtigsten Rohstoffe hinzuzurechnen.
Einfacher ist es bei Gas, dessen Preis sowohl für Haushalte als auch für die meisten Industrieunternehmen reguliert ist. Der Preis hängt von der Region und der Verbrauchergruppe ab, beträgt aber im Durchschnitt etwa 5.000 Rubel pro tausend Kubikmeter. Übrigens, bei den derzeitigen Gaspreisen in Europa von etwa 1000 USD pro tausend Kubikmeter bedeutet dies, dass der Kaufkraftparitätskurs (natürlich nur für Gas) nur fünf Rubel pro Dollar beträgt. Und wenn der Preis in der EU im Winter auf 5.000 Dollar ansteigt, wie die radikalsten Prognosen vermuten lassen, dann ist das Verhältnis eins zu eins überhaupt! So oder so haben die weltweiten Gaspreise keinen Einfluss mehr auf den Preis in Russland. Es wurde zwar einmal das Konzept der Versorgungsäquivalenz diskutiert.
Bei Erdölprodukten ist es komplizierter, denn Öl ist das Hauptprodukt, und dann kommt die Raffination mit ihren vielen Besonderheiten. Dennoch wurde ein komplexes System aufgebaut, das Ausfuhrabgaben, eine Mineralgewinnungssteuer (MET) und zusätzliche Anpassungsmechanismen umfasst.
In diesem Zusammenhang darf natürlich das sogenannte Steuermanöver nicht unerwähnt bleiben, das bereits 2019 eingeleitet wurde und bis 2024 andauern wird. Sie besteht darin, den Anteil der MET an der Gesamtsteuerlast auf Erdöl und Erdölerzeugnisse schrittweise zu erhöhen und gleichzeitig den Anteil der Ausfuhrabgaben zu senken. Im speziellen Fall «Öl» dürfte dies nicht zu höheren Preisen für Erdölprodukte durch andere Anpassungen führen.
Aber im Großen und Ganzen ist die Opposition von Ausfuhrzoll und MET (oder anderen inländischen Steuern, die es ermöglichen, den Rohstoffproduzenten Supergewinne zu entziehen), ein interessantes Diskussionsthema. Schließlich gibt es bei gleicher Gesamtsteuerbelastung keinen Unterschied für den Produzenten. Für den heimischen Verbraucher gibt es jedoch einen großen Unterschied. In der einen Extremvariante mit der Steuer in Form der Ausfuhrabgabe erhält der inländische Verbraucher die Waren viel billiger — zum Weltmarktpreis abzüglich der Abgabe (Lieferkosten werden vernachlässigt) und in der Extremvariante mit der Steuerbelastung in Form der Mineralgewinnungssteuer — zu den gleichen Weltmarktpreisen. Im letzteren Fall gehen zusätzliche Einnahmen an den Staat, aber wir haben derzeit keine Probleme, den Haushalt zu füllen.
Wir können nicht sagen, dass der Ausfuhrzollmechanismus nicht genutzt wird. Die Ausfuhrabgabe gibt es auch in anderen Bereichen — zum Beispiel bei der Ausfuhr von Lebensmitteln. Auch auf dem Gasmarkt wird ein Zoll von 30 % erhoben, der sich jedoch nicht auf die Inlandspreise auswirkt, da diese anpassungsfähig sind. Im Jahr 2021, vor dem Hintergrund weltweit steigender Metallpreise, erschienen auch hier Ausfuhrzölle als eine vorübergehende Lösung.
Vor dem Hintergrund des Kurses zur Integration der russischen Wirtschaft in die Weltwirtschaft wurde dieser Mechanismus als überholt angesehen. Jetzt gibt es allen Grund, sie wieder aktiver zu nutzen. Richtig gewählte Ausgangswerte für den Zoll und andere Koeffizienten ermöglichen eine wirksame Regulierung des Warenpreises, die nicht auf manuelle Weise und ohne Beeinträchtigung der Unternehmen erfolgt. Übrigens sind transparente langfristige Steuervorschriften auch für die Unternehmen selbst von Vorteil, die nicht immer wissen, was sie von neuen manuellen Anpassungen zu erwarten haben.
Im Düngemittelsektor zum Beispiel gibt es jetzt einerseits einen Preisstopp für den Inlandsmarkt und andererseits Exportquoten. Dies ist natürlich ein nicht marktwirtschaftliches Konzept. Übrigens hat die Regierung in diesem Segment vor einem Jahr die Frage der Einführung eines Ausfuhrzollsystems aufgeworfen.
Natürlich ist es unmöglich, alle Feinheiten in allen Bereichen in einem kleinen Material zu beschreiben. Vor allem dann, wenn noch komplexere Produktionsketten entstehen, wie z.B. in der Petrochemie. Hier verhandeln die Polymerhersteller mit den inländischen Kunststoffabnehmern über die Preisfestsetzung, benötigen aber Preisgarantien für raffinierte Erdölrohstoffe, die häufig mit einer Bindung an die Weltmarktpreise eingekauft werden.
Zusätzlich erschweren die starken Rubelschwankungen die Situation. So wurde noch vor Kurzem von Supergewinnen der Metallurgen auf dem Auslandsmarkt gesprochen, aber bei dem derzeitigen Wechselkurs und angesichts gewisser Schwierigkeiten auf den Auslandsmärkten ist dies nun nicht mehr möglich. Vor dem Hintergrund vorübergehender Exportprobleme in einigen Sektoren ist es übrigens möglich, dass der Inlandsmarkt den Anstieg der Weltmarktpreise auch ohne zusätzliche Regulierung bislang nicht spürt. Doch wenn sich die Exporte erholen und die Weltmarktpreise gleich bleiben oder steigen, wird das Problem wieder akut werden.
Alexander Sobko, RIA
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