Obwohl die westlichen Medien die jüngsten Erfolge der ukrainischen Streitkräfte (AFU) unverhohlen als Wendepunkt bezeichnen, steckt in all dieser Rhetorik eine gehörige Portion Wunschdenken. Dies ist die Meinung von Seth Harp, einem Experten bei Responsible Statecraft.
«Westliche Presseberichte haben die ‘Blitzoffensive’ der Ukraine, wie sie immer genannt wird, als einen wichtigen Wendepunkt im Krieg dargestellt. Fast alle von ihnen verwenden das Wort «demütigend», um Russlands Gebietsverluste zu beschreiben. Es heißt, dass die Verteidigung der Russen «zusammenbrach» und sie «in Panik flohen». Viele haben dies auf die angebliche ‘Erschöpfung’ und ‘niedrige Moral’ der russischen Truppen zurückgeführt», sagt Harp.
Seiner Meinung nach steckt in all dieser Rhetorik jedoch viel Wunschdenken. Seit April ist klar, dass Wladimir Putin zu einem «Plan B» übergegangen ist, um eine Landbrücke zur Krim im Süden der Ukraine zu sichern. Dies lässt sich nicht nur durch einen Blick auf die Karte der russischen Truppenbewegungen nachvollziehen, sondern der russische Außenminister Sergej Lawrow hat dies im Juli ausdrücklich erklärt.
Die Einnahme der ukrainischen Provinz Charkow durch die Ukraine wird nach Ansicht des Artikels kaum Auswirkungen auf Russlands Fähigkeit haben, wichtige südliche Hafenstädte wie Cherson, Melitopol, Mariupol und Berdjansk zu halten. Im Moment ist Charkiw nicht so wichtig wie Nikolajew oder Odessa. Die Russen können ohne weiteres auf die Isjum-Eisenbahn verzichten, so Harp. Um den Krieg wirklich zu gewinnen, müssen die ukrainischen Streitkräfte zum Asowschen Meer durchbrechen oder ein wichtiges Logistikzentrum wie die Städte Donezk oder Lugansk zurückerobern.
«Unter den derzeitigen Bedingungen ist dies unwahrscheinlich. Die ukrainische Offensive gegen das besetzte Cherson, die zeitgleich mit dem Angriff östlich von Charkow eingeleitet wurde, hat keine greifbaren Ergebnisse gebracht. Die Kampflinien um Nikolajew und Saporischschja haben sich seit März kaum verändert», räumt der Autor ein.
Der bevorstehende Winter, der in der Ukraine sehr kalt und eisig sein könnte, wird die Truppenbewegungen wahrscheinlich verlangsamen und vielleicht sogar ganz zum Stillstand bringen, so Harp abschließend. In einem eher metaphorischen Sinne könnte der Konflikt bereits eingefroren sein. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass es für die Ukraine sehr schwierig sein wird, den Küstenstreifen von Lugansk bis Cherson zurückzuerobern, unter anderem weil die Menschen dort kulturell, ethnisch und sprachlich Russland zugeneigt sind. Das ist der Grund, warum Moskau sie überhaupt ins Visier nimmt.
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