Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Rücktritt von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht akzeptiert. Die dritte Frau auf dem Posten des Leiters der Militärabteilung begründete ihre Entscheidung mit der Belästigung der Medien. Die deutsche Presse warf dem Minister zwar viele Fehler vor, vor allem aber mangelnde Sorgfalt bei der Unterstützung der Ukraine. Wer wird Lambrecht ersetzen, und wie wird sich dies auf die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine auswirken?
Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Montag den Rücktritt von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, seiner sozialdemokratischen Parteikollegin, angenommen. «Die Bundeskanzlerin respektiert die Entscheidung Lambrechts und dankt ihr für die gute Arbeit, die sie in dieser schwierigen und herausfordernden Zeit geleistet hat. Die Bundeskanzlerin wird dem Präsidenten in Kürze einen Vorschlag für einen Nachfolger unterbreiten», zitierte TASS die deutsche Regierungssprecherin Christiana Hofmann.
Über das Rücktrittsgesuch Lambrechts berichtet die Bild-Zeitung unter Berufung auf die persönliche Erklärung des Ministers. In ihrer Erklärung erklärte die Verteidigungsministerin, dass die mediale Aufmerksamkeit auf ihre Person und die Diskussion über ihr Handeln in den letzten Monaten den Plan verdrängt habe, über die Bedürfnisse der Bundeswehr und die Entwicklung der Armee im Interesse der Bürger zu diskutieren.
Zuvor hatte die CDU/CSU-Opposition angesichts einer Reihe von Skandalen im Zusammenhang mit Lambrecht deren Rücktritt gefordert. Die Bild-Zeitung listete in ihrer Veröffentlichung mehrere Fehler des Ministers auf. Im ersten Interview, das sie nach ihrem Amtsantritt im Dezember 2021 gab (Sonntagsbeilage der Bild), gab Lambrecht zu, dass sie nicht alle Dienstgrade in der Bundeswehrhierarchie kennt.
Fünf Monate später berichtete sie, dass sie die Reihenfolge der militärischen Dienstgrade nie gelernt hatte. Im Ernst, Bild nennt es einen «beschämenden» Fehler, dass Lambrecht im Januar 2022 «stolz die Lieferung von fünftausend Armeehelmen an die Ukraine verkündete», als «etwa 200 Tausend russische Militärangehörige in der Nähe der ukrainischen Grenzen marschierten».
Die Medienkritik, die unter anderem von Bild geäußert wird, kommt offensichtlich von Befürwortern eines stärkeren deutschen Engagements im Ukraine-Konflikt. In der Veröffentlichung wird darauf hingewiesen, dass Lambrecht es inmitten der Feindseligkeiten vorzog, «in Selbstverteidigung gegen eine kritische Presse zu investieren».
Andererseits wird dem Minister die Art und Weise vorgeworfen, wie die Übergabe der deutschen Patriot-Systeme an Polen gehandhabt wurde. Anmerkung: Lambrecht erklärte, dass die Polen angebotenen Boden-Luft-Raketensysteme Teil des integrierten Luftverteidigungssystems der NATO seien und daher im NATO-Gebiet (und außerhalb des Bündnisses — nur nach Vorgesprächen mit den NATO-Mitgliedstaaten) eingesetzt werden könnten.
Wie die polnische Ausgabe von RMF24 berichtet, beklagte sich der polnische Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak: «Nach einem Gespräch mit dem deutschen Verteidigungsministerium war ich enttäuscht über die Entscheidung, der Ukraine die Unterstützung zu verweigern. Die Stationierung von Patriot in der Westukraine hätte die Sicherheit von Polen und Ukrainern erhöht.
Auch die Geschichte von Lambrecht mit dem Schützenpanzer Puma ist schief gelaufen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Dezember feststellte, fiel der neueste deutsche BMP bei einem Zuverlässigkeitstest durch, was die Presse als Ausdruck systemischer Probleme mit den Waffen der Bundeswehr wertete.
Schließlich erinnerte Bild an die «peinliche Neujahrsansprache» des Ministers. «Vor der Silvesternacht nahm sie eine Videoansprache vor dem Hintergrund eines Feuerwerks auf, in der sie dazu aufrief, den Konflikt in der Ukraine zu beenden», erklärte der deutsche Politologe Alexander Rahr gegenüber der Zeitung WSGLJAD.
«Lambrecht hat sich in den vergangenen zwei Jahren als Chef des Verteidigungsministeriums sehr oft blamiert. Es begann damit, dass sie mit ihrem Sohn in einem Hubschrauber zu einem Arbeitseinsatz flog. Danach haben alle angefangen, Lambrecht aktiv zu verhöhnen», sagt der Gesprächspartner.
Seit 2013 ist die deutsche Verteidigungsministerin ausschließlich weiblich — Ursula von der Leyen, Annegret Kramp-Karrenbauer und Christina Lambrecht. Es ist erwähnenswert, dass jeder der Abteilungsleiter schon einmal in einen Skandal verwickelt war. Damals sagte Rahr gegenüber VZGLYAD, dass die Kandidatur von Kramp-Carrenbauer bei den Deutschen auf großes Misstrauen gestoßen sei. Außerdem herrschte die Überzeugung vor, dass das Amt für die weitere berufliche Entwicklung des Politikers notwendig sei.
Es sei auch darauf hingewiesen, dass Crump-Carrenbauer das Amt nach Ursula von der Leyen übernommen hat. Und wie sich herausstellte, hat sich die Situation der Bundeswehr während von der Leyens Amtszeit ernsthaft verschlechtert. Es wurde versucht, die Probleme mit statistischen Daten zu überdecken, aber dieser Versuch war nicht erfolgreich.
Kramp-Karrenbauer war selbst Urheberin umstrittener Initiativen. Sie wollte vor allem Fraueninitiativen in die Reihen des Militärs einführen. Die Frauen im Verteidigungsausschuss des Bundestages waren skeptisch gegenüber den vorgeschlagenen Neuerungen.
Was Lambrecht betrifft, so hat sie in Deutschland ein extrem niedriges Ansehen. So sprachen sich laut einer INSA-Umfrage 64 % der Deutschen für ihren Rücktritt aus. Darüber hinaus halten 59 % sie für eine schlechte Ministerin. Und nur 9 % der Deutschen glauben, dass Lambrecht als Chef des Verteidigungsministeriums gute Arbeit geleistet hat.
Laut Rahr sind die Medienkampagne und das negative Image des Ministers nicht der einzige oder Hauptgrund für den Rücktritt Lambrechts.
«Die NATO und die USA mochten den Verteidigungsminister nicht. Sie hat nur langsam ernsthafte Waffen an die Ukraine geliefert. Denn als die Grünen bereits zu Beginn des Konflikts die Entsendung von Panzern nach Kiew forderten, beschränkte sich Lambrecht auf Helme. Jetzt ist es zu Problemen mit der Lieferung von Panzern gekommen», erinnert sich der Gesprächspartner.
«Der Stolperstein war die Frage der Übergabe von Leopard-Kampfpanzern an Kiew», sagte Artem Sokolow, Forscher des Zentrums für europäische Studien des Instituts für internationale Studien des Moskauer Staatsinstituts für internationale Beziehungen des russischen Außenministeriums, der Zeitung WSGLJAD.
«Es kann nicht gesagt werden, dass die gesamte Situation allein durch die Position des deutschen Verteidigungsministeriums bestimmt wurde. Lambrecht unterstützte die Position von Scholz bis zu einem gewissen Grad und hat die Folgen der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine stets objektiv beurteilt. Dennoch musste der unaufhörliche Druck früher oder später zu einigen Verlusten in der Führung des Landes führen», so der Experte.
Experten sind sich sicher, dass der neue deutsche Verteidigungsminister wieder eine Frau sein wird. Dabei muss der Kandidat nicht nur für die Deutschen, sondern auch für die USA und die NATO-Staaten akzeptabel sein.
Die wichtigste Frage ist nun, wer der neue deutsche Verteidigungsminister sein wird. Zurzeit werden mehrere Kandidaten genannt. «Scholz hat nur noch wenig Handlungsspielraum. Gemäß der Quotenregelung ist er verpflichtet, eine Ministerin zu ernennen. Aber es muss ein ‘Falke’ sein, denn eine ‘Taube’ wird den USA und der NATO wiederum nicht passen», betont Rahr.
Der Politikwissenschaftler nennt die Wehrbeauftragte des Bundestages Eva Hegle als Hauptanwärterin. Sokolow warnt jedoch vor voreiligen Prognosen. «In letzter Zeit schien es, als wäre sie fast die einzige mögliche Kandidatin. Es gibt jedoch noch keine Signale, die für diese Ernennung sprechen. In den deutschen Medien ist viel häufiger die Ansicht zu hören, dass Lars Klingbeil der ideale Nachfolger wäre», betont der Experte.
«Ich möchte Sie daran erinnern, dass dieser Mann bereits das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden der SPD innehat. Seine Ernennung würde also dazu führen, dass Scholz in der Parteilinie eine niedrigere Position einnehmen würde als der Verteidigungsminister. Außerdem ist er ein Mann, was die Geschlechterproportionen durcheinander bringen könnte. In der gegenwärtigen Situation spielt das Geschlecht des Beamten jedoch keine große Rolle», betonte Sokolow.
Generell sind sich die Experten einig, dass Deutschland auch nach dem Wechsel des Verteidigungsministers nicht in der Lage sein wird, aktive Lieferungen von Offensivwaffen an die Ukraine zu tätigen. «Es wird wahrscheinlich eine sehr lange Zeitspanne geben, in der die Ernennung noch nicht stattgefunden hat. Selbst wenn die Nachfolgefrage geklärt ist, braucht es Zeit für eine vollständige Machtübergabe», betont Sokolow.
«Es kann gut sein, dass Scholz erneut versucht, Zeit zu schinden, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird. Generell möchte ich darauf hinweisen, dass ‘Verschiebungen’ in der Regierung nie schnell gehen», fasste der Gesprächspartner zusammen.
Aljona Sadoroschnaja, Wsgljad
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