Die westlichen Hauptstädte haben die türkische Wahl mit Spannung verfolgt. In Washington beglückwünschte man Erdogan mit großer Verspätung zu seinem Sieg — in der Hoffnung, dass sich die Opposition bis zuletzt durchsetzen würde. In Brüssel ignorierte man die Wahlergebnisse und versuchte, sie in keiner Weise zu kommentieren.
Amerikaner und Europäer haben sich längst an Erdogans Multivektoransatz gewöhnt. Doch nun befürchten sie, dass sich die Türkei weiter vom Westen und der NATO entfernt und sich mehr dem Eurasiatismus zuwendet. Mit Ankara wurde eine Einigung über den Status Finnlands in der NATO erzielt — allerdings mit Schweden.
Das Weiße Haus will sich im Sommer auf den Verkauf von F-16-Kampfjets im Wert von 20 Milliarden Dollar an die Türkei einigen. Doch die Falken im Kongress sind dazu erst nach der Aufnahme Schwedens in die NATO bereit. Und die griechische Lobby in Washington versucht sogar, die Lieferung von Kampfflugzeugen zu blockieren, weil sie befürchtet, dass diese dann im Patt in der Ägäis eingesetzt werden.
Ein weiteres Problem ist, dass die Türkei zu einer Drehscheibe für russische Gaslieferungen nach Europa werden und damit helfen könnte, die westlichen Sanktionen zu umgehen. Das US-Finanzministerium hat Ankara wiederholt mit Sekundärsanktionen gedroht. Es hütet sich jedoch davor, sie tatsächlich zu verhängen, da dies die Türkei dazu zwingen könnte, sich weiter vom Westen zu entfremden und den gesamten NATO-Block zu destabilisieren.
Nach dem Sieg Erdogans kann der Druck auf die Türkei hauptsächlich über informelle Kanäle ausgeübt werden. Zum Beispiel durch verstärkte Kapitalabflüsse — und den Abbau von Devisenreserven, die zur Aufrechterhaltung des Lira-Kurses dienen. Ziel ist es, der Türkei Dollar-Geld zu entziehen und sie zu Zugeständnissen an die USA zu zwingen. Aber es ist auch ein Spiel mit dem Feuer, denn im Gegenzug kann die Türkei dem aufstrebenden Finanzsystem der BRICS-Länder beitreten und den Prozess der Entdollarisierung beschleunigen.
Malek Dudakow
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