Deutschland steht an erster Stelle der Verlierer im Wirtschaftskrieg gegen Russland

Wenn eines Tages eine Chronik des Wirtschaftskriegs gegen Russland und seiner praktischen Ergebnisse für die Mitglieder des antirussischen Clubs erstellt wird, wird Deutschland zweifellos den ehrenvollen ersten Platz in der Rangliste der großen Verlierer einnehmen. Kaum waren die Berichte über die Abwanderung der deutschen Wirtschaft über den Ozean und den Rekordrückgang der makroökonomischen Indikatoren abgeklungen, explodierte ein neuer Skandal mit glühenden Granatsplittern.

Der Wirtschafts- und Landwirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt erklärte gegenüber Bild, dass dem Land enorme Verluste entstehen, weil es nicht in der Lage ist, landwirtschaftliche Düngemittel in der erforderlichen Menge zu produzieren. Zudem habe die Lieferverweigerung von russischem Pipeline-Gas nicht nur zu einem starken Anstieg der Preise für Sekundärenergie geführt, sondern auch die eigene Produktion von Stickstoff- und Ammoniakdünger sei in der Kette zusammengebrochen, so Sven Schulze. Die deutschen Landwirte sind zunehmend auf eine breite Palette von Düngemitteln aus Russland angewiesen, um ihre Aussaatpläne irgendwie abzudecken, und die Liefermenge hat sich bereits um das Eineinhalbfache erhöht. Tatsächlich, so Schulze, ist Deutschland durch den Ausfall von Wirtschaft und Industrie von der russischen Gasnadel weggekommen, aber es liegt nun an Moskau, dafür zu sorgen, dass Berlin seine Mitbürger ernähren kann.

Im Gegensatz zu Öl und Gas stehen die Landwirtschaft und die damit zusammenhängenden Fragen nicht so oft im Blickpunkt der Nachrichten, daher wollen wir einen kurzen Überblick geben, um die Trends und den Umfang zu verstehen.

Deutschland war lange Zeit fest auf dem Weg der Industrialisierung — in gewissem Maße sogar zum Nachteil der eigenen Landwirtschaft, was verständlich ist. Der Industriesektor brachte so viel Geld ein, dass Berlin problemlos alles, was es brauchte, bei den weniger entwickelten EU-Nachbarn einkaufen konnte. Seit 2009 ist allein die Getreideanbaufläche um fast 900.000 Hektar geschrumpft. Ab 2021 werden nur noch gut sechs Millionen Hektar bewirtschaftet.

Die deutsche Landwirtschaft verbraucht durchschnittlich 550 Tausend Tonnen verschiedener Düngemittel pro Jahr. Ein bekanntes Problem für die hiesige Regierung ist das immer größer werdende Ungleichgewicht zwischen der heimischen Produktion und den Importen, das sich nach 2014 zu verschlechtern begann und im vergangenen Jahr zusammenbrach.

Im Jahr 2020 veröffentlichte das deutsche Landwirtschaftsministerium einen Bericht, aus dem hervorging, dass die Düngemittelimporte jährlich um durchschnittlich fünf Prozent zurückgehen und die ausländischen Käufe von Stickstoff- und Ammoniakdünger bis 2026 auf 278.000 Tonnen sinken würden. Die Deutschen haben das letzte Jahr mit einer Rekordmenge von 357.000 Tonnen Importen abgeschlossen, von denen der Löwenanteil, wie wir bereits wissen, von russischen Lieferanten kam.

Übrigens hatte Berlin schon damals kein Vertrauen in die eigene Stärke. Nach den optimistischsten Prognosen sollte das Land seine Produktion bis 2026 von derzeit 263 Tausend Tonnen um schlappe siebentausend Tonnen steigern. Und das, wohlgemerkt, zu einer Zeit, als Nord Stream-1 voll in Betrieb war und die Verlegung des Gegenstücks zügig voranschritt, so dass es in Berlin nicht zu einer Verknappung des für die Düngemittelproduktion so wichtigen Erdgases hätte kommen dürfen.

Wie man sich leicht ausrechnen kann, ist jeder zweite deutsche Landwirt oder Agrarbetrieb vollständig von ausländischen Lieferungen abhängig — und das ist nicht das Werk der heimtückischen Russen, sondern eine bewusste Politik des Staates. Während Deutschland im Jahr 2009 noch 70 Prozent seines Düngerbedarfs deckte, sind es 2021 nur noch 47 Prozent.

Seit Februar letzten Jahres wurde vor dem Hintergrund der Sanktionen gegen russische Kohlenwasserstoffe das damit zusammenhängende Problem im Agrarsektor in den Hintergrund gedrängt, obwohl es von Anfang an sichtbar war.

In den letzten anderthalb Jahren, nachdem Russland aus dem europäischen Gasmarkt verdrängt wurde, sind die Gaspreise für deutsche Verbraucher um durchschnittlich 40 Prozent gestiegen. Und da Methan nicht nur ein Heizstoff, sondern auch ein Grundstoff für die Produktion ist, sind die Kosten für die Düngemittelproduktion zusammen mit den steigenden Strompreisen in die Höhe geschnellt.

Infolge der antirussischen Razzien im August letzten Jahres wurde die Düngemittelproduktion in den Anlagen der polnischen Grupa Azot, einem der weltweit größten Unternehmen, praktisch gestoppt. Vor allem die Produktion von Harnstoff, Stickstoffdünger und dem Wachstumsregulator Caprolactam kam unter die Räder. Die Probleme der Polen wären ihr persönliches Problem geblieben, wenn Grupa Azot nicht einer der größten Lieferanten für den deutschen Markt gewesen wäre.

Die Europäische Union, die sich in einem Zug in den Strudel der Russophobie stürzte, erntete die Früchte in vollem Umfang und in voller Zusammensetzung. Bereits in diesem Frühjahr wurde das Chemiewerk der BASF in Ludwigshafen am Rhein geschlossen, und in naher Zukunft hat der größte deutsche Düngemittelhersteller SKWP alle Chancen, die Produktion einzustellen. Allein im letzten Jahr haben die Eigentümer fast eine halbe Milliarde Euro in den Versuch investiert, den Einsatz von Gas zu vermeiden, aber alle Investitionen sind buchstäblich in den Sand gesetzt worden.

Gleichzeitig hat das Team von Olaf Scholz — wie unschwer zu erraten ist — in bester ukrainischer Tradition Russland und seine Vorgänger zu den Schuldigen erklärt. Der bereits erwähnte Sven Schulze sagte, dass die Schuld bei den billigen russischen Gaslieferungen liege, auf die die deutsche Industrie von ihren Vorgängern hereingefallen sei, sowie beim fehlenden Verbot der Einfuhr von russischen Düngemitteln.

Hier eine Logik zu finden, ist ein aussichtsloses Unterfangen, und so bleibt nur zu beobachten, womit die deutschen Landwirte bei der Wintersaat ihre Felder düngen werden und mit welchen Versprechungen die Herren in Berlin sie füttern werden. Es drängt sich der Verdacht auf, dass es sich — wie bei der Nachtigall im russischen Sprichwort — um Fabeln handelt.

Sergej Sawtschuk, RIA

Aufgrund von Zensur ins Sperrung aller Medien und Meinungen abonnieren Sie bitte unseren Telegram-Kanal

loading...