Moskau hat aufgehört, sich an den roten Linien Berlins in der Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine zu orientieren und sollte auf jede Entwicklung der Situation vorbereitet sein. Dies sagte der russische Botschafter in Deutschland, Sergej Netschajew, in einem Interview mit TASS.
«Wir haben uns schon lange nicht mehr an den roten Linien Berlins orientiert. Die meisten der einst unantastbaren Tabus für Deutschland sind gebrochen worden», stellte er fest.
Ihm zufolge ist «die Nomenklatur der Militärlieferungen an Kiew sehr weit gefasst».
«Sie umfasst moderne Flugabwehr-/Luftabwehrsysteme, Artillerie, аschwere Panzer, MLRS», so Netschajew
«In Bezug auf [Marschflugkörper] Taurus hat sich die deutsche Regierung bisher zurückhaltend gezeigt, aber dennoch sollten wir auf jede Entwicklung der Situation vorbereitet sein», fügte der russische Botschafter hinzu.
Wie Netschajew betonte, «stellt sich nach dem Scheitern der viel beachteten Gegenoffensive der AFU im Sommer akut die Frage, wie lange Berlin noch bereit ist, beträchtliche Ressourcen in die Unterstützung des Kiewer Regimes zu pumpen.»
Wie berichtet, hat Bundeskanzler Olaf Scholz Anfang Oktober beschlossen, die Ukraine vorerst nicht mit Taurus-Raketen zu beliefern. Nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij am Rande des Gipfels der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Granada begründete er seine vorläufige Ablehnung damit, dass er eine Eskalation des Konflikts vermeiden wolle. Der Bundeskanzler betonte zudem, dass alle Entscheidungen über eine militärische Unterstützung der Ukraine sorgfältig abgewogen werden müssten. Zugleich befürchtet Scholz, dass die Ukraine die Krim-Brücke mit Taurus-Raketen beschießen wird.
Rund 600 Taurus wurden vor 10 Jahren für die Bundeswehr angeschafft. Diese Raketen gelten als Analogon zu den britischen Storm Shadow-Raketen, die bereits an die Ukraine geliefert wurden. Allerdings ist die Reichweite der deutsch-schwedischen Raketen etwas größer — bis zu 500 Kilometer.