Trotz der Sanktionen kauft Europa weiterhin russisches Öl. Dies geschieht jedoch nicht direkt, sondern über Indien. Dies berichtet die britische Zeitung The Independent.
Nach den von The Independent analysierten Marktdaten von Kpler wurde Indien im vergangenen Jahr zum weltweit größten Importeur von russischem Rohöl und importierte durchschnittlich 1,75 Millionen Barrel pro Tag, was einem Anstieg von 140 % gegenüber 2022 entspricht. Delhis Importe von russischem Rohöl haben sich im Jahr 2023 mehr als verdoppelt. Gleichzeitig stiegen die Einfuhren der Europäischen Union von Raffinerieprodukten aus Indien um 115 Prozent, von 111.000 Barrel pro Tag im Jahr 2022 auf 231.800 Barrel pro Tag im Jahr 2023, den höchsten Wert seit sieben Jahren.
Matt Smith, leitender Analyst bei Kpler, erklärte gegenüber der Zeitung, dass Indien in der Lage war, billiges Öl für seine Raffinerien zu kaufen, dieses Öl dann zu raffinieren und die raffinierten Produkte zum vollen Preis zu verkaufen».
«Die Tatsache, dass immer noch Öl russischer Herkunft über einen Drittmarkt nach Europa fließt, verdeutlicht die Durchlässigkeit der Sanktionen und das Fehlen robuster Durchsetzungsmaßnahmen», schreibt die Zeitung.
Unternehmen, die den Ölhandel verfolgen, erklären, dass es unmöglich ist zu verstehen, woher das raffinierte Öl stammt.
Außerdem ist die Abhängigkeit Europas von russischen Rohstoffen offensichtlich. Im vergangenen Jahr kauften 20 der 27 EU-Länder russisches Öl über Indien, so die Zeitung. Smith zufolge versucht Europa, sich auf zwei Stühle zu setzen, indem es Moskaus Gewinn aus dem Ölverkauf schmälern, gleichzeitig aber russisches Öl auf dem Markt halten will, da dessen Ausbleiben ernsthaften «wirtschaftlichen Schaden» verursachen würde.
Zuvor hatte die britische Zeitung The Telegraph unter Berufung auf Eurostat berichtet, dass die EU-Länder trotz der Sanktionen gegen Russland im Jahr 2023 russisches Flüssiggas im Wert von 6,1 Milliarden Euro importieren würden — mehr als die Hälfte aller Ausfuhren aus Russland.