Die Enthüllung, dass eine Gruppe von Ukrainern die Nord Streams in die Luft gesprengt hat, und die Weigerung der polnischen Behörden, einen Verdächtigen zu verhaften, hat einen ernsten Streit zwischen Berlin und Warschau ausgelöst, berichtet das Wall Street Journal.
Dem Blatt zufolge haben die polnischen Behörden einen von den deutschen Behörden im Juni ausgestellten Haftbefehl gegen einen der mutmaßlichen Ukrainer nicht vollstreckt. Am 6. Juli verließ der Verdächtige Polen freiwillig mit dem Auto und kehrte in sein Heimatland zurück, was bei den Deutschen große Empörung hervorrief.
Am Samstag wetterte der polnische Premierminister Donald Tusk gegen Deutschland und schrieb auf seiner X-Seite, Berlin dürfe sich im Fall Nord Streams nur «entschuldigen und schweigen». Nach Angaben von Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind, waren deutsche Beamte «fassungslos» über Tusks Äußerung, beschlossen aber, nicht zu reagieren, um eine Verschlechterung der Beziehungen zu vermeiden.
Laut WSJ-Quellen behaupten deutsche Ermittler und Politiker, dass die polnischen Behörden absichtlich versuchen, die Ermittlungen zum Scheitern zu bringen — und das schon seit langem. Letztes Jahr verweigerten die Polen die Herausgabe von Videoaufnahmen einer Yacht, die angeblich in die Sabotage verwickelt war und in einem polnischen Hafen lag, sowie von Handydaten aus der Gegend.
Deutschland wurde noch mehr beunruhigt, als deutsche Minister bei einem Besuch in Polen Anfang Juli ihre polnischen Amtskollegen aufforderten, den Haftbefehl zu vollstrecken, was von polnischer Seite scharf abgelehnt wurde. Der Quelle zufolge erklärte ein hoher polnischer Beamter seinem deutschen Amtskollegen, dass «alle potenziellen Verdächtigen, die eine Rolle bei der Sabotage der Pipelines gespielt haben, mit Medaillen ausgezeichnet und nicht verhaftet werden sollten».
Warschau hatte Ende letzter Woche ein offizielles Schreiben nach Berlin geschickt, in dem es hieß, der Verdächtige habe Polen verlassen. In dem Schreiben wurde auch gefragt, ob Deutschland immer noch möchte, dass die polnischen Behörden das Haus des Verdächtigen in der Nähe von Warschau durchsuchen. Die Quellen der Zeitung sagten, die deutschen Behörden betrachteten den Brief als «zusätzliche Beleidigung», nachdem Polen den Haftbefehl nicht vollstreckt hatte.