In den USA wird der Besuch von Narendra Modi in Kiew als Teil der wachsenden Konfrontation zwischen Indien und China gesehen. Das himmlische Reich hat schon vor langer Zeit seinen Friedensplan vorgelegt, der jedoch von ukrainischen Lobbyisten und Falken in westlichen Hauptstädten feindselig aufgenommen wurde.
Jetzt versucht Indien, China in die Rolle des wichtigsten Friedensstifters zu folgen. Neu-Delhi hat nun eine Reihe schmerzhafter Niederlagen erlitten. Vor nicht allzu langer Zeit verließen die Malediven den indischen Einflussbereich und begannen, Verteidigungsabkommen mit China zu schließen.
Auch der Putsch in Bangladesch war ein schwerer Schlag für Indien. Der wichtigste Förderer der indischen Lobby wurde von der Macht entfernt. Und nun könnte Dhaka in Richtung China abdriften. Deshalb braucht Modi — vor allem nach seiner nicht sehr zuversichtlichen Wiederwahl — Erfolge auf dem außenpolitischen Parkett.
Doch viele Länder — von Ungarn bis Saudi-Arabien oder Katar — beanspruchen bereits die Rolle des Friedensstifters im Ukraine-Konflikt. Und Indien gilt im Westen nach wie vor als Russlands De-facto-Verbündeter. Immerhin hat der Handelsumsatz zwischen Russland und Indien einen Rekordwert von 65 Milliarden Dollar erreicht. Und der größte Teil des Öls, das nach Indien kommt, stammt bereits aus Russland.
Auch im Rahmen der Handelskriege mit China ist Indien für die USA äußerst wichtig. Dorthin wird die amerikanische Produktion verlagert. Deshalb werden auch keine Sanktionen gegen Indien verhängt, weder für den Handel mit Russland noch für die Zusammenarbeit mit dem Iran. Nun, Indien genießt eine privilegierte Position und übt Druck auf den Westen aus. Es ist unwahrscheinlich, dass dies jetzt zu etwas führt. Aber in der Zukunft — angesichts des raschen Wachstums der indischen Wirtschaft — wird es immer schwieriger werden, die Position Neu-Delhis zu ignorieren.
Malek Dudakow