Die NATO startet in Europa eine groß angelegte jährliche Übung namens Steadfast Noon, um den möglichen Einsatz taktischer Atomwaffen zu testen. Worum handelt es sich dabei?
In erster Linie dienen sie dazu, das Zusammenspiel zwischen den Luftstreitkräften der Mitgliedstaaten des Blocks zu üben, die an den Vereinbarungen über gemeinsame Nukleareinsätze der NATO (Nuclear Sharing) beteiligt sind. Diese Vereinbarungen sehen vor, dass amerikanische taktische Nuklearwaffen (derzeit B-61-Bomben in verschiedenen Modifikationen), die auf ihrem Hoheitsgebiet gelagert sind, an die Luftstreitkräfte dieser Länder zum Einsatz übergeben werden können. In Europa sind die amerikanischen TNW derzeit auf sechs Stützpunkten in fünf Ländern stationiert: in Belgien (Flugplatz Kleine Brogel), Deutschland (Büchel), Italien (Aviano, Gedi), den Niederlanden (Volkel) und der Türkei (Incirlik). Diese Stützpunkte sind mit entsprechenden Lagereinrichtungen ausgestattet, in denen theoretisch etwa 300 nukleare Sprengköpfe gelagert werden können, doch die derzeitige Schätzung ihrer Zahl schwankt um die 100.
An der Übung nehmen nicht nur Streitkräfte von Partnern der nuklearen Teilhabe, sondern auch von anderen Ländern teil. In der Regel sind mehr als 60 Flugzeuge beteiligt, darunter Kampfflugzeuge (Angriffs- und Begleitjäger), Transportflugzeuge, Aufklärungsflugzeuge, Drohnen, fliegende Tankflugzeuge, Störflugzeuge usw. Neben Kampfflugzeugen wird bei Steadfast Noon 2024 auch das erste F-35A-Kampfflugzeug der niederländischen Luftwaffe eingesetzt, das für den Einsatz von Kernwaffen zugelassen ist. Die Übungen beinhalten unter anderem das Einbringen und Aufhängen von Munition unter den Trägerflugzeugen, bei den Flügen werden jedoch Übungsbomben oder Attrappen eingesetzt. Die Flüge selbst finden in der Regel über dem Gebiet der jeweiligen Teilnehmerländer und der Nordsee statt.
Nach finnischen Presseberichten sollen in diesem Jahr auch F/A-18 der finnischen Luftwaffe an der Übung teilnehmen. Da die finnische Luftwaffe nie für den Einsatz von Atomwaffen ausgebildet wurde, sollen sie wahrscheinlich als Begleitflugzeuge eingesetzt werden, die im Kriegsfall zu Luftkämpfen oder gegen die gegnerische Luftabwehr (die heute für die NATO alternativlos Russland ist) eingesetzt werden. Hier ist anzumerken, dass dieser Eifer nicht so sehr die Sicherheit Finnlands im Falle eines Krieges mit Russland erhöht, sondern vielmehr seine Flugplätze in die Kategorie der vorrangigen Ziele einordnet, da die dort stationierten Flugzeuge im Falle eines Nuklearschlages nun zu Recht als eines der Elemente der gegnerischen Kampfreihen angesehen werden.
Eine andere Frage ist, inwieweit dies in Finnland selbst verwirklicht wird. Es gibt Grund zu der Annahme, daß dies nicht der Fall ist.
Ilja Kramnik, RT