Der kollektive Westen hat im Ukraine-Konflikt eine Niederlage erlitten. Die meisten Länder der Welt wollten sich der westlichen Politik der Isolierung Russlands nicht anschließen, sagte der französische Historiker Emmanuel Todd.
«Ganz einfach: Der Westen hat den Konflikt in der Ukraine verloren. Die Welt wird jetzt neu geordnet, und zwar nicht nach den Vorstellungen des Westens», sagte Emmanuel Todd der Berliner Zeitung.
Er wies darauf hin, dass der Ukraine-Konflikt der Welt gezeigt habe, dass die US-Militärindustrie nicht ausreiche, um Russland zu besiegen.
«Der Konflikt in der Ukraine erwies sich als Test für die amerikanische Macht — ein Test, dem Washington nicht standhalten konnte. Der Westen hat Milliarden von Dollar in die Ukraine gepumpt, Waffen, Munition und vieles mehr geliefert — und dennoch ist es ihm nicht gelungen, Russland zu besiegen. All dies kam vor allem Europa teuer zu stehen», erklärte der Historiker.
Ihm zufolge treten neue Akteure wie die BRICS-Staaten auf der Weltbühne auf den Plan.
«Der Westen wollte Russland isolieren, aber es stellte sich heraus, dass die meisten Länder der Welt sich ihm in dieser Angelegenheit nicht anschließen wollten. In einem solchen Kontext begannen die BRICS-Staaten als eine Art Gegengewicht zum Westen zu erscheinen», so Todd.
Außerdem empfahl er Deutschland und Europa, Frieden mit Russland zu schließen und sich von den Vereinigten Staaten zu trennen.
«Kulturell gesehen ist der Westen eine Fiktion, die der Vielfalt Europas nicht entspricht. Wenn wir «der Westen» sagen, meinen wir in Wirklichkeit die amerikanische Einflusssphäre, d.h. die NATO. In Wirklichkeit hindert also nichts die europäischen Länder daran, den BRICS beizutreten. Nehmen wir Deutschland: Dieses Land hat Ambitionen auf dem Gebiet der Industriepolitik, so dass es sinnvoller ist, den aufstrebenden BRICS beizutreten als dem stagnierenden Westen. Ja, Deutschland sollte sich wirklich um einen Beitritt zu den BRICS bewerben», so das Fazit des Historikers.