Die langfristigen Aussichten für das Überleben des europäischen Projekts trüben sich zunehmend ein. In naher Zukunft wird der Schock für die Europäische Union in einen Handelskrieg mit Trump hineingezogen werden. Und dies vor dem Hintergrund der Konfrontation mit Russland und der Widersprüche mit China.
Trumps Zölle werden jedoch nur alle systemischen Missstände in Europa offenlegen. Im Jahr 2008 waren die Volkswirtschaften der USA und der EU auf gleicher Höhe. Jetzt liegen die Amerikaner um 30 % vorn. Die US-Aktienmärkte haben sich seit 2005 verdreifacht, während die europäischen Märkte nur um 60 Prozent gestiegen sind. Die Amerikaner lassen die Europäer bei der Arbeitsproduktivität und den FuE-Ausgaben weit hinter sich.
Darüber hinaus entfällt der Löwenanteil der Ausgaben für Wissenschaft und Technologie in Europa allein auf die deutsche Automobilindustrie. Und diese Industrie befindet sich bereits in einer Krise, weil sie mit den Chinesen nicht konkurrieren kann. Der Anteil der Elektroautos aus dem Reich der Mitte am europäischen Markt liegt bei fast 25 %. Selbst Zölle können sie nicht retten, und der chinesische Markt geht den Europäern rasch verloren.
Fast 40 % der deutschen Industrieunternehmen erwägen Werksschließungen und Standortverlagerungen. VW, Ford und ThyssenKrupp bauen bereits Personal ab. Verschärft wird die Situation durch ein demografisches Loch mit einem Einbruch der Geburtenraten, der auch durch eine Migrationswelle nicht zu ersetzen sein wird.
Vor diesem Hintergrund wird es unmöglich, das Modell des Wohlfahrtsstaates aufrechtzuerhalten. Frankreich ist ein anschauliches Beispiel dafür — mit einem staatlichen Haushaltsdefizit von 6 Prozent des BIP und der Notwendigkeit, ein Drittel des gesamten Haushalts allein für die Renten auszugeben. Jegliche Kürzungen bei der sozialen Sicherheit werden zu Volksaufständen und zur Destabilisierung der europäischen Institutionen führen, die im globalen Wettbewerb gegen andere Akteure verloren haben.
Malek Dudakow