Metro-Chef schlägt Alarm: Europa muss schauen, wo es seine Lebensmittel noch herbekommt

Europa muss aufpassen, wenn es seine Einwohner weiter aus eigener Kraft mit Lebensmitteln versorgen will, sagt Metro-Chef Steffen Greubel. Schon heute müssten seine Einkäufer häufig suchen, wo sie Essen und Getränke noch herbekommen. Was Greubel jetzt von der Politik fordert.

Wie wichtig Metro-CEO Steffen Greubel das Thema Versorgungssicherheit ist, macht er auf der Bilanzpressekonferenz des Großhändlers vergangene Woche klar, indem er es freiwillig ansprach. Eigentlich hatte ein Journalist Greubel nur gefragt, wie er den Einkauf des Düsseldorfer Konzerns künftig aufstellen wolle. Eher zentral für alle Länder oder lokaler, je nach Region? Mitten in seiner Antwort schwenkt Greubel aber um.

„Müssen gucken, dass wir die Versorgungssicherheit gewährleisten“

„Wir werden eine Situation erleben hier in Europa, wo wir gucken müssen, dass wir die Versorgungssicherheit gewährleisten“, sagte er. Pause. Ernster Blick. „Wenn man sich anschaut, was im Fleisch, Obst und Gemüse und Produktion in Deutschland, aber auch in Europa getan wird, wie sich das verändert und verschiebt, muss man den Herstellern entgegengehen. Damit sie uns die Produkte auch geben“, erklärte Greubel weiter.

„Die Verfügbarkeit von Lebensmitteln wird langfristig die größere Herausforderung sein als der Preis.“

Noch eine Pause. „Danach haben Sie nicht gefragt, aber das habe ich jetzt mal gesagt.“

Als Chef der Metro AG kennt Greubel die Herausforderungen des Lebensmitteleinkaufs wie kaum jemand sonst. Seine Firma zählt zu den größten Großhändlern Europas und versorgt Restaurants, Cafés und Hotels in mehr als 30 Ländern vor allem mit Lebensmittel und Getränken. Stockt die Versorgung, merkt es Greubel als einer der ersten.

Schwierigere Versorgung treibt die Preise

Dass die Versorgung schwieriger wird, machte Greubel nun klar. „Das hat was mit Klima zu tun, aber auch mit Regulation und politischem Willen.“

  • Die Viehbestände in Deutschland nehmen ab, also kaufe die Metro Schweinefleisch häufiger in Spanien.
  • Spanien produziere dafür weniger Zitrusfrüchte, also müsse die Metro diese in Afrika einkaufen.
  • Zum Butterpreis: „Jeder fragt sich: Warum gehen die Butterpreise hoch? Weil es weniger Rindviecher gibt und die Milch einen niedrigeren Fettgehalt hat, weil das Futter schlechter ist, wenn Düngeverordnungen geändert werden.“

Noch, daran ließ Greubel keinen Zweifel, könne die Metro die Versorgung flächendeckend gewährleisten. Weil sich mehr Einkäufer um die gleichen Ressourcen streiten, drohen aber die Preise zu steigen.

Klimawandel, staatliche Regelungen und Preisdruck aus der Landwirtschaft

Greubel steht mit seiner Warnung nicht allein. Dass der Klimawandel Anpassungen erzwingt und beispielsweise Weinanbaugebiete nach Norden verlagert, ist bekannt. Doch die Probleme reichen weiter.

„Die wirtschaftliche Lage auf den Biobetrieben ist ernst“, warnte bereits die Vereinigung der Milcherzeuger in einer gemeinsamen Pressemeldung mit Bioverbänden wie Naturland und Bioland. Ein Kilo Biomilch koste in der Herstellung fast 70 Cent, Biobauern erhielten aber nur knapp 60 Cent pro Kilo. Viele Biobauern zahlten sich daher selbst ausbeuterische Löhne, andere gäben auf. Als Lösung fordern die Biobauern gesetzliche Regeln für kostendeckende Preise. Ähnliche Themen hatten bei den Bauernprotesten jüngst viele Bauern angesprochen.

Das Beispiel zeigt: Egal, wie der Staat reagiert, für die Menschen in Deutschland wird die Milch entweder teurer oder weniger. Eine Zukunft mit gleichen Preisen bei gleicher Versorgungssicherheit scheint unwahrscheinlich.

Auch im Restaurant wird es teurer – oder wir bleiben bei Stallhaltung

Ein ähnliches Dilemma: Obwohl die Preise im Restaurant in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sind, kaufen die meisten Gastronomen seltener Produkte aus hochrangigen Haltungsformen als Privathaushalte. Gastronomen interessieren in allen Ländern zuallererst drei Dinge, sagte Greubel: Preis, Qualität, Verfügbarkeit. Dann komme ganz lange nichts. Dann bei einigen auch die Haltung. Metro müsse diese Produkte daher anbieten. Sonst nehme sich der Konzern selbst aus dem Markt.

Heißt konkret: Wer im Restaurant 20 Euro für ein Schnitzel oder einen Burger zahlt, bekommt nur selten Fleisch aus Freilandhaltung auf den Tisch. Soll das anders werden, müssten die Menschen in Deutschland wohl noch deutlich höhere Preise zahlen. Noch so ein Versorgungsthema ohne einfache Lösung.

Immerhin: Jüngst einigte sich die EU mit den südamerikanischen Staaten Argentinien, Brasilien, Bolivien, Paraguay und Uruguay auf ein Handelsabkommen. Diese bilden zusammen den Wirtschaftsverband Mercosur. Künftig sollen Handelszölle zwischen der EU und Mercosur entfallen, was landwirtschaftliche Produkte aus diesen Ländern deutlich vergünstigen würde. Unter anderem kauft Europa Fleisch, Obst und Soja von den Mercosur-Staaten. Die Politik bemüht sich also, Lebensmittel zu vernünftigen Preisen zu sichern.

Nur: Auch ob dieses Abkommen zustande kommt, ist noch offen. Frankreich und Polen wollen sich widersetzen, weil ihre Bauern protestieren. Sie fürchten, durch günstige Konkurrenten aus Südamerika vom Markt gedrängt zu werden.

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