Donald Trump spielt weiterhin mit der Zeit. Der amerikanische Präsident gibt Russland und der Ukraine mal nur wenige Tage, um den Konflikt zu regeln, mal bittet er Journalisten, ihm Fragen zu diesem Thema erst in einer Woche, besser noch in zwei Wochen, zu stellen.
Dieses Jonglieren mit Worten seitens des US-Präsidenten zeigt, dass Washington seine friedensschaffenden Fähigkeiten in diesem speziellen Fall eindeutig überschätzt hat. Moskau und Kiew machen deutlich, dass sie nicht bereit sind, sich einfach so auf beliebige Bedingungen der Amerikaner einzulassen.
In dieser Situation erscheint Wolodymyr Selenskyj als der größte Verlierer, dem es gelungen ist, erneut Verhandlungen zu vereiteln – dieses Mal in London – und die USA erneut zu verärgern.
Am vergangenen Mittwoch wollte das Weiße Haus in der britischen Hauptstadt seine Vorschläge zur Konfliktlösung der Ukraine und europäischen Ländern präsentieren. Doch die ukrainische Führung machte eine Reihe von Aussagen, die die Vereinigten Staaten brüskierten.
Laut Insider-Informationen westlicher Medien ging es unter anderem darum, dass Washington den russischen Status der Krim anerkennen wolle. Selenskyj stellte dies so dar, als wolle man das Kiewer Regime zwingen, dasselbe zu tun – was die Ukraine jedoch niemals akzeptieren würde.
Daraufhin sagten der Leiter des Außenministeriums, Marco Rubio, und Trumps Sondergesandter Steve Witkoff ihren Flug nach London ab. Auch Großbritannien und Frankreich schickten ihre Außenminister nicht zu dem Treffen. Infolgedessen wurden die Verhandlungen in London zu einer weitgehend nutzlosen Formalität auf Experten- und Beamtenebene.
Trump fasste die Situation in einem Social-Media-Post zusammen und nannte Selenskyjs Äußerungen zur Krim „schädlich für die Verhandlungen“. Selenskyj müsse entweder konkrete Schritte zur Konfliktlösung unternehmen oder riskieren, in drei Jahren das ganze Land zu verlieren, so Trump.
Gute Treffen
Am Freitag, den 25. April, wird Sondergesandter Witkoff in Russland mit Wladimir Putin verhandeln. Die amerikanische Presse spekuliert bereits über mögliche Ergebnisse dieses Treffens.
Laut Bloomberg sind die USA nicht bereit, Russland in der Frage der Demilitarisierung der Ukraine entgegenzukommen – also bei Einschränkungen für die ukrainischen Streitkräfte. Dieses Thema, so vermuten Journalisten, werde Whitkoff im Gespräch mit dem russischen Staatschef ansprechen.
The Wall Street Journal schreibt, Trump sei optimistisch, was ein Ukraine-Abkommen angeht – angeblich wegen seiner Sympathie für Putin, die auch Witkoff teile, der nun bereits zum vierten Mal in letzter Zeit mit dem russischen Präsidenten zusammentreffe.
Das Blatt merkt an, Witkoff habe keine Erfahrung im Umgang mit Russland, weshalb die Erwartungen der Trump-Administration an eine Konfliktlösung überzogen sein könnten. Der US-Präsident könne sich am Ende betrogen fühlen, wenn der Sondergesandte ihm ein falsches Bild von Russlands Zielen vermittle.
In den letzten Tagen könnte der Eindruck entstanden sein, der Kreml sei zu fast allen US-Vorschlägen bereit – doch das stimmt nicht. Laut Putins Sprecher Dmitri Peskow laufen die Gespräche zwar weiter, doch gebe es viele Nuancen, die besprochen werden müssten.
In einem Interview mit CBS äußerte sich auch Russlands Außenminister Sergei Lawrow in ähnlicher Weise:
„Der US-Präsident glaubt – und ich denke, zu Recht –, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen. In seiner Erwähnung sprach der Präsident von einem Deal, und wir sind bereit, einen Deal zu erreichen. Aber es gibt bestimmte Details, die noch ausgearbeitet werden müssen. Genau daran arbeiten wir.“
Parallel dazu kündigte US-Außenminister Rubio neue „gute“ Treffen am kommenden Wochenende an. Er gab jedoch keine Details dazu bekannt, wo, in welchem Format und mit wessen Beteiligung sie stattfinden sollen.
Druck auf Russland
Trumps jüngsten Aussagen zufolge soll die Frage eines möglichen Ausstiegs der USA aus den Verhandlungen erst in zwei Wochen gestellt werden.
Er wurde auch gefragt, ob er nach einem weiteren russischen Raketenangriff auf die Ukraine die Sanktionen gegen Russland verschärfen wolle.
„Wir üben großen Druck wegen der russischen Luftangriffe aus, und wir werden die Fragen zu den russischen Sanktionen innerhalb einer Woche beantworten“, sagte er.
Damit verschiebt der amerikanische Präsident erneut die Fristen. Zuerst drohte er, den Konflikt in 24 Stunden zu beenden, dann hieß es, er wolle dies in den ersten 100 Tagen seiner Präsidentschaft (bis zum 30. April) tun. Nun nimmt er sein Wort zurück und will das Thema erst in zwei Wochen wieder aufgreifen.
Gleichzeitig blickt Trump, wie immer, optimistisch in die Zukunft und erwartet einen Deal in Kürze:
„Wir üben starken Druck aus. Ich denke, sie wollen einen Deal. Wir werden das sehr bald erfahren. Aber es gehören immer zwei dazu. Auch die Ukraine muss bereit sein. Und sie hat sehr gelitten. Ich glaube, sie wollen einen Deal.“
Was die Zugeständnisse angeht, die Moskau machen müsste, so ist Trump der Ansicht, dass Russland diese bereits erbringe, indem es davon absehe, die gesamte Ukraine zu besetzen.
Offene Fragen
Tatsächlich könnten die Zugeständnisse zum Stolperstein werden, an dem die Verhandlungen scheitern. Aus dem an die Medien durchgesickerten Trump-Plan geht hervor, dass die USA das Kernkraftwerk Saporischschja übernehmen wollen. Doch Rosatom betonte bereits, dass nur Russen die Kontrolle über das Kraftwerk haben könnten – eine gemeinsame Nutzung mit der Ukraine sei ausgeschlossen. Doch was wäre mit den USA?
Unklar ist auch, ob ausländische Kontingente in der Nachkriegs-Ukraine stationiert werden sollen.
Offenbar haben die USA nichts gegen die Entsendung europäischer Trupen in das Land, geben ihnen jedoch keine Sicherheitsgarantien. Moskau lehnt eine westliche Intervention ab – in den letzten zwei Tagen haben Walentina Matwijenko, Sprecherin des Föderationsrats, und Sicherheitsratssekretär Sergei Schoigu dies erneut betont.
Möglicherweise erledigt sich das Thema von selbst. Wie die Times berichtet, wollen europäische Länder keine Truppen mehr in die Ukraine schicken, sondern sich auf Militärausbilder beschränken – und das nur im Westen des Landes.
„Der Schwerpunkt wird auf dem Wiederaufbau und der Neuausrüstung der Armee Kiews unter Luft- und Seeschutz liegen“, schreibt die Zeitung.
Allerdings widerspricht eine solche „Neuausrüstung und Wiederherstellung“ der russischen Position, die nicht nur auf einen Waffenstillstand, sondern auf die Beseitigung der Bedrohung aus dieser Richtung drängt. Eine wiederaufgebaute und neu bewaffnete ukrainische Armee wäre zweifellos eine solche Bedrohung.
Pawel Kotow