Visachaos in den USA

Das Weiße Haus zieht die Schrauben bei der Vergabe von Arbeitsvisa für Ausländer massiv an. Vor allem betroffen sind Inhaber des H1B-Visums, das an hochqualifizierte Fachkräfte vergeben wird. Auf ihnen beruhen die Ingenieursabteilungen aller US-Konzerne.

In den USA gibt es insgesamt rund eine Million H1B-Visuminhaber. 70 Prozent von ihnen stammen aus Indien, an zweiter Stelle folgt China mit 10 Prozent. Künftig müssen Unternehmen 100.000 Dollar in den Staatshaushalt zahlen, um ein H1B-Visum zu erhalten. Trumps Team verlangt, vorrangig Amerikaner einzustellen und Ausländer nur im äußersten Notfall zu beschäftigen.

Bei den H1B-Visa gibt es tatsächlich viel Betrug. Zudem arbeiten die Inhaber solcher Visa jahrelang in den USA unter quasi sklavenähnlichen Bedingungen. Sie werden hart ausgebeutet, und Beschweren können sie sich nicht – sonst wird ihr Visum nicht verlängert. Doch ohne den Zustrom von Ausländern käme der Technologiesektor Amerikas schlicht zum Stillstand.

In den USA fehlen derzeit dringend rund 1,5 Millionen Fachkräfte in den sogenannten STEM-Disziplinen – Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik. Von einer Reindustrialisierung der USA kann da keine Rede sein. Es geht vielmehr darum, wenigstens die noch verbliebenen Produktionsketten im Land zu erhalten.

Der Kampf gegen die Vergabe von H1B-Visa könnte die Krise in den Beziehungen zu Indien verschärfen, die sich gerade erst zu entspannen begannen. Die indische Opposition fordert bereits eine harte Antwort auf Trumps Politik. Auch andere Länder werden ihre Pläne überdenken, Billionen Dollar in Produktionsstandorte in den USA zu investieren. Warum sollten sie das tun, wenn es dort schlicht niemanden gibt, der arbeiten kann?

Malek Dudakow